LIZA ANNE – Fine But Dying

Watch your mouth
And choose your words
I’m not the fragile bird
That used to show up on your doorstep
‘Cause I’ve grown up
And I found words
How I wanna think, how I wanna feel
What I wanna say, when I wanna leave

(Liza Anne – Kid Gloves)

Fine But Dying. Treffender hätte der Titel eines Albums, das nicht nur auf inneren Konflikten aufbaut, sondern sich auch inhaltlich mit Widersprüchen, Gegensätzen und Dualität auseinandersetzt, wohl kaum sein können. Zwar greift Liza Anne dabei hauptsächlich auf ihre eigenen Erfahrungen zurück, doch geht es ihr auch um Grundsätzliches: Nicht nur sie selbst, Frauen im Allgemeinen sollen mit all ihren Widersprüchen respektiert werden und die festgefahrenen Erwartungen endlich über Bord geworfen werden.

In ihrer Musik werden diese Gegensätze immer wieder hörbar. So zum Beispiel in Panic Attack wenn schrille E-Gitarren ihren Gesang durchbrechen oder sie sich in Closest To Me bei all denjenigen entschuldigt, die sie durch ihr Verhalten verletzt hat. Das Besondere: Anstatt, dass die Person Liza Anne in ihre Einzelteile zerlegt wird, wird das Bild von ihr mit jedem Titel schärfer. Wer behauptet schließlich, dass es sich ausschließt, von Zeit zu Zeit die Kontrolle über sein Handeln zu verlieren und gleichzeitig ein Recht darauf zu haben, nicht mit Samt- bzw. „Kid Gloves“ angefasst zu werden?

Man könnte der Sängerin nun vorwerfen, dass sich ihre feministische Haltung zwischen all ihren persönlichen Erzählungen verliert. Andererseits legt sie mit diesem Album all ihre Schwächen offen und bleibt vermutlich gerade deshalb nach den 40 Minuten mutig und selbstbestimmt in Erinnerung.

Denjenigen, denen Liza Anne bereits ein Begriff war, werden sich sicher über den Klang des Albums wundern. Denn ihre bisherigen Veröffentlichungen The Colder Months und Two kommen im Vergleich zu Fine but Dying sehr viel introvertierter daher. Nun also jugendlicher Indie Rock, der ein wenig an Angel Olsen oder Alvvays erinnert, statt Singer Songwriter Melodien. Der Eigenständigkeit ihrer Musik tut diese Entwicklung sehr gut, auch wenn man von Zeit zu Zeit über Passagen stolpert, die roh und improvisiert klingen wie in I Love You, But I Need Another Year oder dem großzügigen Ausklang in Turn For The Worse, den man eher bei einem Liveauftritt erwartet hätte.

Am Ende ist Fine But Dying also mehr als eine Ansammlung von Gegensätzen oder die ernüchternde Erkenntnis, dass alles seine Schattenseite hat. Hoffen wir, dass es Liza Anne genauso sieht.

Liza Anne – Fine But Dying
VÖ: 09. März 2018, Arts&Crafts
www.lizaannemusic.com
www.facebook.com/lizaannemusic