Foto-© Colin Medley
You’ve been sleeping with one eye open
‘Cause he always could come back, ya know?
And you’ve been walking these streets unguarded
Waiting for any man to explode
You spend hours in the mirror hating
But you can get that power, too
It’s not you, it’s them
You should get it too
You should get it too
‘Cause they always could come back, ya know?
(U.S. Girls – Velvet 4 Sale)
Meg Remy alias U.S. Girls erzählt auf ihrem neuen Album Geschichten. Düstere Geschichten, geprägt von Angst, Gewalt, Macht und Sexismus. Jedoch hören sich ihre Lieder nicht so düster an, wie man es vermuten würde. Das neueste und zugänglichste Album der Künstlerin, In A Poem Unlimited, erinnert vielmehr in seinem Sound an den klassischen Pop, Rock und Disco der 60er und 70er Jahre. Im Gegensatz zu den 5 vergangenen Alben, auf denen sie viel mit Sampling und experimentellen, minimalistischen Beats gearbeitet hat, besitzt ihr neuestes Werk einen handfesten Groove. Das liegt höchstwahrscheinlich daran, dass sie sich mit fast 20 Beteiligten, unter anderem einem instrumentalen Kollektiv namens The Cosmic Range aus Toronto, Verstärkung ins Studio geholt hat. Manchmal verderben viele Köche den Brei eben nicht.
Das Album beginnt mit Velvet 4 Sale. In dessen Video verfolgt eine rachsüchtige junge Frau einen gewalttätigen Mann. Sie zeigt ihm wie es sich anfühlt gejagt zu werden. Sie dreht den Spieß um und gibt ihm das Gefühl die Beute zu sein: “Instill in them the fear that comes with being the prey.” Unterlegt ist der Song mit Atemgeräuschen, die wirken als hätte man selbst einen Verfolger im Nacken. Der Beat erinnert an einen klassischen Popsong, ihre Stimme gleicht einem Flüstern und das funkige Gitarrensolo hört sich an als käme es von einem anderen Planeten. Rage of Plastic ist der Name des zweiten Titels. Meg Remy singt über eine Frau die durch ihre Arbeit in einer Chemiefabrik unfruchtbar geworden ist und mit ihrem Kinderwunsch kämpft. Sie nimmt das Düstere an die Hand und führt es in buntes Diskolicht. In M.A.H. (Mad As Hell) übt sie Kritik an den oder eher dem vergangenen Präsidenten der Vereinigten Staaten. Deutlich wird das mit Sätzen wie: “We watched your hair go grey, that stressful manly shade. You wore it well, no one could tell the situation was hell. But lies shone in your eyes. As you were the first in line to use those bugs up high.” Gleichzeitig erinnert der wunderbare Song an einen Blondie Hit und eigentlich möchte man einfach nur mittanzen. Im Gegensatz zu vergangenen Liedern scheinen ihr die Lyrics und damit die Chance ihre Meinung zu teilen, besonders wichtig geworden zu sein. Der schöne Song Rosebud verzaubert sofort mit seinem verzerrten Discosound. Aber auch dieses Meisterwerk birgt eine Nachricht. Meg Remy möchte den Zuhörer ermutigen hinter die „Gitter“ des Bewusstseins zu treten, um etwas Größeres zu entdecken. Auch, wenn es wehtun wird und man es alleine tun muss.
Die meisterhafte erste Hälfte des Albums wird von einer etwas Schwächeren abgelöst, der Groove aber bleibt bis zum Ende bestehen. Meg Remy versucht Grausames auf zugängliche Weise darzustellen. Denn ihre Geschichten sind Realität. Sie passieren tagtäglich, werden aber meistens als düstere Ausnahmen behandelt. Es leichter zu machen darüber zu sprechen könnte bei der Bewältigung helfen. Ein Versuch ist es wert.
U.S. Girls – In A Poem Unlimited
VÖ: 16. Februar 2018, 4AD
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