I’ve seen people holding on to nothing
Broken dreams and broken cords
Running on empty, losing sleep, oh
It’s true I’ve earned these cracks upon my feet
Walk away from all that you know
Walk away and hold your own
Walk away and hold your own
(Xavier Rudd – Walk Away)
Wie in jedem guten oder schlechten Abenteuer bückst man erstmal aus, um etwas Neues zu erleben. So rät es auch unser Storm Boy Xavier Rudd seiner treuen Fanbase im ersten Track: “Walk away from all that you know.” Mag die Message noch Zustimmung finden, ist die Umsetzung des Songs und Videos mehr als fragwürdig. Unfassbar simpel und für wirklich jeden Chart-geilen Menschen abgerichtet, steckt in dieser Songhülse nicht der Geist eines edlen Hippies, sondern der von David Guetta. Gekonnt unterstrichen wird das im offiziellen Video zu Walk Away: Zu sehen: Xavier Rudd, der sich in jeder erdenklichen Pose in gestellter Stockphoto-Optik, natürlich in Slowmotion, vor der Kamera räkelt, mit den Hunden spielt, Schwimmen geht, Gitarrensaiten anschlägt, am Strand joggt und das Traumleben lebt. Damit das Alles mehr Tiefe bekommt, wurde eine Drohne eingesetzt, die Sommerbody und Strand perfekt in Szene setzen. Es fehlt eigentlich nur noch das H&M Logo, obwohl selbst die Macher von H&M Filmchen eleganter arbeiten. Den begeisterten Kommentaren auf Youtube tut das keinen Abbruch. Xavier Rudd ist einer dieser Vorzeige-Menschen, der seine Hörer dazu animieren will, ihre Träume zu leben und alles hinter sich zu lassen. Ein singender Lebensratgeber über dessen gute Absichten und ein bisschen Weisheit sich das riesige Korsett Musikbranche stülpt, welche daraus offenbar reichlich Kapital zieht.
Doch kommen wir auf das Album zurück: Nachdem man weggelaufen ist, kommt der nächste Ratschlag: Keep It Simple. Halt es einfach. Ein Track so vollgepackt wie sonst kaum ein Raggae-Song. Tausend Ebenen und ein Xavier Rudd als Bob Marley Imitat. Das Alles ist gekonnt umgesetzt und etwas, dass bei all dem Schock, erwähnt werden muss: Xavier Rudd ist ein guter Musiker, der unglaublich viele Instrumente beherrscht und dessen Live-Shows beeindrucken. Doch was macht er hier? Er prügelt alles in 5 Minuten, was er an Instrumenten und Synthesizern finden konnte und nennt es Keep it simple? In einem Raggae Song? Dieser Overkill zieht sich durch das gesamte Album. In Storm Boy finden wir den gleichen Friede-Freude-Tofukuchen, der auch die anderen Songs seines Albums auszeichnet und der nur schwer auszuhalten ist. Beeindruckend darf man feststellen, welch ein Repertoire Xavier Rudd drauf hat: Er kann wirklich jeden Stil auf seine Botschaft zurecht pressen. So auch in Honeymoon Bay, dass wie ein Song von Mumford & Sons klingt und sogar Spaß macht, wenn man beim sich Marcus Mumford mit Dreadlocks vorstellt.
Zusammengefasst muss man sagen: Dieses Album ist unglaublich laut und genau das ist das Problem. Es geht nicht darum, Rudds Ambitionen die Welt zu verbessern, lächerlich zu machen. Es kann gut sein, dass er ein paar Dinge erkannt hat, von denen wir nichts wissen. Doch nicht feine und tiefe Weisheit kommt hier an, sondern im Rausch geborene Glückseligkeit, die überambitioniert und fast schon aggressiv ums Mitmachen buhlt. So gewinnt man nicht jeden, aber offenbar genug.
Xavier Rudd – Stormy Boy
VÖ: 25. Mai 2018, Nettwerk (Warner)
www.xavierrudd.com
https://www.facebook.com/XavierRuddOfficial