It must be an infestation
Something that I can’t control
It’s an open invitation
To try to find the bottom of a bottomless hole.
I wanna see inside the alien
I wanna feel your organs inside out
Nobody needs this information
But I’ll give it to you anyhow.
The whole station’s gonna burn down
(Oneohtrix Point Never – The Station)
Wenn man sich dazu entscheidet, ein Review über das neue Album Age Of von Oneohtrix Point Never zu schreiben, muss man sich auf einiges einstellen. Die Gefühlswelten reichen von Enthusiasmus, über Aufregung bis zu einer Form von Verstörung und Angst. Die musikalischen Kreationen von Daniel Lopatin alias Oneohtrix Point Never, lassen sich am besten mit der Metapher eines Hurricanes beschreiben, dessen Auge man zwar erreicht, davor jedoch durch einen massiven Sturm wandeln muss. Man könnte den in Massachusetts geborenen Künstler ganz schnell in die Schublade der Experimental- und Elektronikmusiker stecken, aber so einfach will ich es hier nicht machen.
Age Of ist wohl, auch wenn einige das nicht glauben werden, das bislang zugänglichste Album von Oneohtrix Point Never und wurde zusätzlich von James Blake mitproduziert und gemixt. Es umfasst eher einzelne Kunstwerke als Lieder. Klang-Gebäude, die sich hoch aufrichten und dann wieder zusammenfalten. Das Album beginnt mit dem gleichnamigen Lied Age Of, wo Lopatin zum einen das Instrument Daxophon vorstellt, welches er oft verwenden wird, als auch akustische Spannung aufbaut. Es folgt die Ballade Babylon und das rhythmisch brillante aber leider kurze Lied Manifold. Eines der Highlights des Albums ist The Station. Es baut auf einer geloopten Gitarrenmelodie auf. Verzerrter, zarter Gesang und wechselnde elektronische Extras werden zu etwas Schönem und Komplexen. Der bereits veröffentlichte, brillant verformte Pop-Song Black Snow ist von der Cybernetic Culture Research Unit und somit der Idee inspiriert, dass der Mensch grundsätzlich ein verwirrtes Wesen ist, dass sich seinen eigenen Kreationen hingeben muss, damit sie ihn nicht zerstören. Das Lied Warning sollte man beim Namen nehmen, denn es klingt wie der Soundtrack zu einem seiner schlimmsten Alpträume. Stellt lieber die Kopfhörer nicht zu laut, sonst erschreckt ihr euch bei manchen seiner Experimente ordentlich.
Er spielt mit Rhythmen, findet und verwirft sie wieder. Schafft komplexe Geräuschkulissen, die in Ruhe münden. Basseinlagen, die sogar physische Auswirkungen auf einen haben. In einem Interview mit Rolling Stone hat Daniel Lopatin einen interessanten Einblick in seine Gedanken gegeben: People are really desensitized, physically, to the point where they’ve discovered a way to hear, even in a mitigated way, hear more deeply. This is amazing, because it just means there’s a crisis. It means there’s a crisis of sensitivity that you need to make up for with a high dose.
Man fühlt sich beinahe erschlagen von seinen Kreationen, sie halten einen fest umschlungen. Letztendlich endet das Album und das Erlebnis vergeht. Man wird zurückgelassen, in einer Welt voller extremer Eindrücke, die aber für kurze Zeit von dem gerade erlebten abgeschwächt werden. Wen das alles neugierig gemacht hat, sollte das Album unbedingt mal erleben. Denn selten ist Musik so eng umschlungen mit Philosophie und Kunst wie hier.
Oneohtrix Point Never – Age of
VÖ: 1. Juni 2018, Warp (Rough Trade)
https://www.facebook.com/eccopn/
http://www.pointnever.com/