The first snow
First winter of my life
I was told it was the height of me
The first dance
Well, the first one that counted
Felt like my blood was built my from crackling lights
Oh this ancient wildness
That we don’t understand
The first sound of a heartbeat
To riots roaring on
(Snow Patrol – Life On Earth)
Was machen wir hier eigentlich auf der Erde? Wie nennt man das nochmal? Leben? Rum-Existieren? Hätten wir nur einmal die Möglichkeit ganz weit hoch zu fliegen, und “unseren” Planeten von oben zu sehen, alleine in einem Raumschiff, was würden wir denken, fühlen, vermissen?
Ein Bild, welches durch das kollektive Rückenmark der Menschheit schoss, war das Bild einer Sonde, die Anfang der 70er diesen Planeten verließ und deren Kameras sich noch einmal drehten, um eine Aufnahme von Mutter Erde zu machen. Dieses Bild hieß Sonnenaufgang und löste ein Erdbeben in den Köpfen der Menschen aus. Zu erkennen war die Erde, welche nur ein paar Milimeter groß in einem riesigen tiefschwarzen Raum stand und halb ins Dunkle gehüllt war. Man spürte die Kälte und die Unwirklichkeit um sie herum und erkannte: Das sind wir, ganz allein. Werner Herzog antwortete in einem Interview mit Alexander Kluge, auf die Frage, ob Leben auf einem anderen Planeten existieren könnte: “All die Suche nach Leben im Außen ist nur ein Hilfsmittel, um darüber hinwegzutrösten, dass wir rettunglos und unbedingt und unwiderruflich alleine sind.” Und von Hayao Miyazaki stammt der Satz: “Life is a winking light in the darkness.” – Diese Männer haben erkannt: Das Leben ist (nur) ein blinzelndes Licht in der Dunkelheit. Snow Patrol beschäftigt sich in ihrem neuem Album mit uns und dem Leben in der Dunkelheit. Wie geht man mit dieser Erkenntnis um?
In der ersten Single Life On Earth treffen wir im Musikvideo auf Front-Sänger Gary Lightbody, der in Austronauten-Overrall im Outerspace auf die Erde schaut. In schnellen Schnitten tauchen Bilder einer jungen Familie auf. Eine Geburt, eine Mutter, die dem Baby liebevoll vorsingt, das Glück junger Eltern. Der Kontrast, der hier zwischen steriler Raumfahrt und Einsamkeit im Weltall mit dem Glück einer neuen Familie hergestellt wird, haut einen vom Stuhl. Die Dunkelheit des Alls wird dem Licht auf der Erde entgegen gestellt. Ein wahrhaft beeindruckender Song, der einen nicht mehr los lässt. Ein Tiefgang, dem man dieser Band gar nicht zugetraut hätte. Zumindest nicht, wenn man nur die Weltruhm-Single Chasing Cars aus den 90ern kennt, die in jeder schlechten 90er Party läuft. Doch Snow Patrol ist viel mehr als das. Das beweisen sie immer wieder mit neuen Alben. Und diesmal noch eindrucksvoller.
Song Nummer Zwei Don’t Give In klingt so vertraut und perfekt abgestimmt, dass man glaubt, dieses Lied schon ewig zu kennen, dabei hat es erst vor wenigen Wochen das Licht der Veröffentlichung erblickt. Nach der Startsingle Life On Earth folgt ein schneller und wirklich lebendiger Track nach dem anderen. Das Leben wird in seinen Facetten gefeiert. Heal Me, Empress, A Youth Written On Fire schenken uns genau das. Und dann? Dann kommt der Astronaut wieder, der sich fragt: “What If This All The Love You Ever Get?” – Eine Erinnerung daran, dass all die Liebe, genau hier, genau jetzt, vielleicht genau das Licht ist, dass wir brauchen. Diese Tracks sind eine eindrucksvolle Auseinandersetzung mit dem Leben, mit bisherig Erreichtem und das Schätzen des Gegenwärtigen. Kein Wollen mehr. Das, was gerade offensichtlich ist, das blitzelnde Licht, sollte man schützen und ehren. Bis im letzten Track Life And Death alles vorbei scheint. Doch nach dem Tod beginnt alles wieder von vorne. Getreu nach dem physikalischen Gesetz: Energie vergeht niemals. Mögen Snow Patrol uns weiterhin mit solch einer Wucht umhauen und ins Leben rütteln. Schon bei Rock am Ring dieses Jahr hatten sie bei vielen einen mehr als bleibenden Eindruck hinterlassen. Hier haben wir es mit einer wirklich großen Band zu tun, die ohne Kitsch das Licht hochhalten!
Snow Patrol – Wildness
VÖ: 25. Mai 2018, Polydor Records
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