Foto-© Ki Price
There are worse things I could do
Than go with a boy or two
Not that I care what people say
I just don’t feel myself today
(Bill Ryder-Jones – There Are Worse Thing I Could Do)
Bill Ryder-Jones veröffentlichte zuletzt auf Domingo Records mit Yawn sein mittlerweile viertes Solo-Studioalbum. Der The Coral-Gründer, Multiinstrumentalist und Filmkomponist bringt damit eine Platte raus, die getreu des Titels einerseits wie ein sehr ausgiebiges Gähnen daherkommt, aber andererseits wie ein Gähnen, das es in sich hat. Durchweg lange, langsame Songs, schwer und emotional, aber dann doch nur so emotional wie ein Gähnen sein kann.
Die 10 Stücke unterscheiden sich von Ihrer Machart kaum. Schwere und ruhige Gitarren, akustisch und elektrisch, kreuzen sich und wechseln sich ab mit knarzenden und krachenden Soloparts, die alles rausschreien, was schon lange Mal gesagt werden wollte. Dazwischen schwebt Ryder-Jones kratzige, tiefe Stimme. Kurze Strophen, kaum Refrains. Oft ist der Gesang eher ein rausflüstern, wie im Zuge eines Seufzers herausgebrachte Satzteile, die wichtig sind und doch nicht gehört werden müssen. Konstant bleibt auch die Tiefe des Basses, so dass fast durchweg eine düstere Basis mitschwingt, die den Hörer depressiv und gleichzeitig auch schützend umhüllt.
Man wird von Anfang bis Ende der Platte mitgenommen in eine Meditation über Leben und Leben lassen, Abschied und mit sich selbst beschäftigt sein. Und muss dabei immer wieder auch Fragen für sich beantworten, wie bei Time Will Be The Only Saviour: „What do you remember?“ Ryder-Jones beantwortet die Frage für sich ziemlich präzise und mit Augenzwinkern: „I remember what we did and when. And the smell of your breath. And even all the names of your dickhead friends”.
Man kann sich nicht vorstellen, dass der Multiinstrumentalist ein besonders glücklicher Mensch ist, wenn man das Album hört und Ryder-Jones macht auch öffentlich keinen Hehl daraus, dass er hinsichtlich seiner mentalen Gesundheit immer auch schwere Zeiten erlebt. Das ist vielleicht die Essenz des Albums, wie er auch im Opener There’s Something On Your Mind singt: „But there’s a fortune to be had from telling people you’re sad“
Das Album funktioniert so gut, weil er sich nichts aus den Fingern saugt und in eine melancholische und nostalgische Hülle packt. Vielmehr scheint er seine Stimmung aus seinem Kopf in Klang zu verwandeln, ohne Rücksicht auf den Hörer und ohne romantisierende Attitüden. Dabei aber immer wieder mit einem gewissen Witz und dem Blick für die Ironie im Alltag, die vielleicht die Schwere ein wenig nimmt. Während erst proklamiert wird „And there are worse things in this world, than some make-up and some pearls. Not that I care what people say, I just don’t feel myself today“, fragt sich das Ich doch, „But don’t I look good babe?“
Yawn ist ehrlich und intensiv und Bill Ryder-Jones zeigt dabei sein Können mit relativ wenigen Mitteln die Aufmerksamkeit von Hörern zu sammeln. Sicherlich muss man dafür ein bisschen empfänglich sein und sich auf ein langes seufzendes Gähnen einlassen. Und wenn man grade nicht in der Verfassung ist, kann der ein oder andere Song der Platte durchaus zu viel Schwermut hervorrufen. Spätestens im melancholischen Abspann eines schönen Films geht der Sound von Bill Ryder-Jones jedoch jedem Menschen unter die Haut.
Bill Ryder-Jones – Yawn
VÖ: 2. November 2018, Domino Records
www.billryderjones.co.uk
www.facebook.com/bryderjones