Schau durch das Fenster bei circa 120 km/h
Die Schilder sind immer, wie immer elektrikblau.
Schließ deine Augen und fahr geradeaus
Rausch wie ein Wasser, nichts hält dich mehr auf.
Ein Leben ohne Grenzen
Eine Freedom zu verschenken
Eine Freiheit, nicht zu denken
I better open my eyes
Ich mach’ die Augen auf.
(Europa 22 – Bilderbuch)
Man hat sich noch nicht mal am wunderbaren Album mea culpa satt gehört, da biegen die Österreicher Bilderbuch schon mit einem weiteren um die Ecke. Vernissage My Heart ist musikalisch etwas milder und in sich gekehrter als vergangene Alben, aber wie wir es von Bilderbuch kennen und lieben, bleibt die E-Gitarre noch immer der instrumentale Hauptdarsteller der Songs. Es geht um Liebe, Einsamkeit, Lebensfreude und Achtung, es wird auch etwas politisch.
Den Einstieg ins Album macht Kids im Park und damit ein ziemlich schwerer, rockiger Sound. Die grollende Gitarre baut Spannung auf und der funkige Mittelteil lässt einen erleichtert aufblicken, da sind Bilderbuch wieder. Darauf folgt Frisbeee und kontrastvoller könnte es gar nicht sein. Alle meine Freunde spielen Frisbee heut Nacht und mir wird wieder klar meine Erde ist flach. Der schwebend leichte Song fühlt sich an wie ein Frühlingstag. Man sieht die vier im Park liegen und würde sich gerne zu ihnen setzen. Mit diesem Wohlgefühl geht es einfach weiter. LED go, der erste Song, der von dem neuen Album veröffentlicht wurde, zaubert mir immer wieder ein Lächeln auf die Lippen. So wie es auch Mr. Supercool mit dem harmonisch sanften Zusammenspiel von Gesang und Melodie schafft. Besonders hervorzuheben ist auch der Ausklang des Albums. Europa 22 ist ein politisches Statement und gleichzeitig ein verdammt gutes Lied. Auf die Lyrics ist Maurice Ernst besonders stolz wie er in einem Interview mit dem ZEITmagazin erklärt: das ist ein unprätentiöser Song, in dem es um Hoffnung geht und darum, sich bewusst zu werden, was man alles hat. Ich fühle mich als Europäer und will so auch wahrgenommen werden in der Welt. Das Lied und so auch das Album endet mit ein paar akustischen Minuten, gefüllt von sanften Drums, milder E-Gitarre und Synthesizer. Sie scheinen über pure Intuition zu kommunizieren und entwickeln einen einmaligen Flow. Einfach schön.
Das vergangene Jahr muss für die Vier mit unglaublicher kreativer Schaffenskraft gefüllt gewesen sein. 17 Songs, zwei Platten. Dazu noch zwei sehr gute Platten mit zwei vollkommen unterschiedlichen Stimmungen. Vernissage my Heart kommt genau richtig zum vermeintlichen Frühlingsanfang. Wir lernen eine neue Milde und Tiefe der Band kennen und es lohnt sich, mal wieder genauer hinzuhören.
Bilderbuch – Vernissage My Heart
VÖ: 22. Februar 2019, Maschin Records (Universal Music)