MORITZ KRÄMER – Ich hab einen Vertrag unterschrieben 1&2


Foto-© Anne Krausz

Wir können Lieder schreiben, eins nach dem andern
Die uns nicht interessieren, bei denen das Herz nicht bricht
Lieder, die alles nur streifen
Dran vorbeigehen und nichts im Kern trifft
Diese Lieder packen wir ein, wir legen sie in Tüten
Machen ein Schleifchen drum und schicken sie weg
Ein Stempel von der Post und viele, viele Grüße
Und der Vertrag erfüllt sich, ein kleines bisschen weniger
Ein kleines bisschen weniger, was man noch tun muss

(Moritz Krämer – Um raus zu sein)

Der Geschichtenerzähler Moritz Krämer hat also ein neues Album. Mit Francesco Wilking hat er 2011 das Band-Projekt Die Höchste Eisenbahn gegründet und dann auch direkt zwei Alben veröffentlicht. Nach seinem Debütalbum Wir können nix dafür von 2011 ist es nun sein zweites Solo-Album, das den Titel trägt Ich hab einen Vertrag unterschrieben 1&2. Da kommt die Vermutung auf, dass das Album nicht ganz freiwillig entstanden ist und der Berliner im Musikbusiness gefangen ist und dann also als Output ein Album raushauen musste. Schließlich hatte er ja einen Vertrag unterschrieben. Nichtsdestotrotz ist das ganze sehr unterhaltsam geworden.

Viel mehr als im Doppelalbum-Umfang (zwei Teile mit jeweils 8 Songs) liegt Krämers Talent darin aus einfachen, unprätentiösen Worten prägnante, berührende Alltagslyrik zu erschaffen. Das hatte er auf dem ersten Album mit Liedern wie Mitbewohnerin oder Der kleine Spatz bereits geschafft. Auf dem neuen Album klingt das dann zum Beispiel beim Song Geraubt so: „Aber ich brauch immer für alles ewig/ alles was ich aufschreibe hat mir Jahre meines Lebens geraubt“ und alle, die auch ein Problem mit Prokrastinieren oder Erledigungsblockaden (ClickClickDecker) haben, können genau mitfühlen. Bei Wenn dein Deal ein guter ist geht es um Freundschaft und eben gute Deals, die selbstverständlich sind. Zwischen den Zeilen geht es auch immer um Zweifel und Hintertürchen oder Nachdenken über verschiedene Optionen, wie in der ersten Single Um raus zu sein. Manchmal überwiegt aber auch der Eindruck, dass eben der Pragmatismus wirklich siegte beim Schreiben der Songs. Ein Beispiel dafür ist Eine Ballade muss drauf sein, das wohl ironisch sein soll in seiner 80iger Jahre Romantik, aber eher gezwungen daherkommt. Auch die Streicher und die Keyboard Arrangements wirken zwischendurch übertrieben gewollt melancholisch wie in Du hast dann doch nicht angerufen. Da überzeugen dann doch wieder eher die klassischen Gitarrenstücke wie in Wenn du’s bis hier her geschafft hast.

Auf jeden Fall haben die Jahre mit der Höchsten Eisenbahn ihre Spuren beim Berliner Singer-Songwriter hinterlassen, dadurch wirken die meistens Songs tiefer und ergreifender. Moritz Krämer hat auch Playlisten bei Spotify veröffentlicht, die heißen Die Landschaft beim Rausschauen auf denen u.a. Bob Dylan, Wilco und The Tallest Man on Earth zu finden sind. Auch Krämers Songs eignen sich durchaus für Playlisten zum Rausschauen. Und das dann in der Berliner S-Bahn oder beim Spazieren gehen an der Rummelsburger Bucht.

Moritz Krämer – Ich hab einen Vertrag unterschrieben 1&2
VÖ: 1. Februar 2019, Tapete Records
www.moritzkraemer.de
www.facebook.com/moritz.kraemer2

Moritz Krämer Tour:
07.03. Knust, Hamburg
08.03. Kulturzentrum Faust (Mephisto), Hannover
09.03. Zeche Carl, Essen
10.03. Schlachthof, Wiesbaden
11.03. Ampere, München
13.03. Manufaktur, Schorndorf
14.03. Club Stereo, Nürnberg
15.03. Die naTo, Leipzig
16.03. Lido, Berlin
17.03. Beatpol, Dresden
27.04. Hanse Song Festival, Stade
15.05. Moritzhof, Magdeburg
16.05. Museumskeller, Erfurt
17.05. Lagerhaus, Bremen
18.05. Cardinal Sessions Festival IX, Köln
19.05. Pension Schmidt, Münster


Sara Lingstädt

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