HAND HABITS – placeholder

Hand Habits - placeholder Cover
Jessica, I forget
You shattered my reality
So I forget

Triggered by tragedy
Feeling sorry for uncertainty you blamed me for
But blame cannot be placed upon
Or hung beside a shadow you choose to ignore

(Hand Habits – Jessica)

Als Meg Duffy als Gitarristin und Sängerin für Künstler*innen wie Kevin Morby, Mega Bog’s Erin Birgy und War on Drugs arbeitete, nutzte sie Songwriting als kreatives Ventil. In den Tourpausen entstand das komplett in ihrem Zuhause in Los Angeles aufgenommene Debütalbum Wildly Idle (Humble Before the Void), das 2017 bei Woodsist Records erschienen ist. Mit ihrem zweiten Album ist das Projekt Hand Habits dieser privaten Umgebung entwachsen. placeholder wurde mit Produzent William Tyler in Justin Vernons Studio in Wisconsin aufgenommen. Was vorher eine One-Woman-Unternehmung war, ist zur Band gewachsen. Trotz der Kollaboration mit Kolleginnen und Kollegen schafft es Duffy auf ihrer aktuellen Platte, die Intensität ihres intimen Debüts beizubehalten. placeholder klingt reduziert und nahbar, die Texte spiegeln ihre individuelle Auseinandersetzung mit Verantwortung und Vergebung wider. Die 12 Lieder über Beziehungen außerhalb des heteronormativen Spektrums leben – wie der Albumtitel sagt – von der Abwesenheit des Gegenübers, das Lücke und Projektionsfläche hinterlässt.

Der Opening Track, der dem Album seinen Namen gegeben hat, zeigt, dass Duffy dem IndieFolk treu geblieben ist und gelegentlich in den Dream-Pop abdriftet. Mit ruhigen Gitarren und reduziertem Schlagzeug bleibt vor allem ihre Stimme im Vordergrund – ein atmosphärischer Auftakt, der neben Jessica und what’s the use zu den Highlights des Albums gehört. Sogar an den dramatischen Stellen scheint es, als könnte sie äußerlich nichts erschüttern: What’s the use if you’re not trying to forgive? Mit diesem Spiel aus innerem Sturm und äußerer Ruhe beweist sich Duffy einmal mehr als überragende Songwriterin. Die Neuaufnahme ihrer 2017er Single yr heart [reprise] klingt softer als das Original und macht den schon vorher starken Song noch eingänglicher. Eine Überraschung hält die Platte dann doch noch bereit: Das 40-sekündige Zwischenstück heat klingt elektronisch und futuristisch und zeigt, wie wenig festgelegt die Künstlerin ist.

Ihre Geschichten seien echt, Fiktionalisierung sei nicht ihr Ding, sagt Duffy über ihre Songs. Und während die Lyrics häufig abstrakt und doch deutlich in ihrer Schmerzhaftigkeit sind, scheint Duffys Stimme meist gelassen und ruhig – von äußerlicher Rage keine Spur. Diese Mischung aus Lieblichkeit, Ruhe und dem Motiv der Abwesenheit macht die Platte so spannend, aber auch einnehmend in einer schlecht zu greifenden Leichtigkeit, in der gelegentlich auch Bitterkeit mitschwingt. placeholder ist ein Album, das auf eindrückliche Weise zeigt, dass es auf einfache Fragen selten einfache Antworten gibt – aber der Weg zur Erkenntnis lohnend ist.

Hand Habits – placeholder
VÖ: 01.03.2019, Saddle Creek
https://handhabits.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/HandHabits/

Hand Habits auf Tour in D/CH:

17. Mai 2019 CH – Nyon, La Parentése
18. Mai 2019 CH – Zürich, Lauter Festival
20. Mai 2019 München, Hauskonzerte
21. Mai 2019 Jena, Trafo
22. Mai 2019 Berlin, Kantine am Berghaina