Foto-© Graham Mcindoe
I used to fall asleep to you talking to me
I don’t listen to anything now
Nothing to do with us
I’m just so tired of thinking about everything
I’m not afraid of being alone
I just don’t know what to do with my time
Between you and me I thought
It would all last a little while longer
But I’m learning to lie here in the quiet light
While I watch the sky go from black to grey
Learning how not to die inside a little every time
I think about you and wonder if you are awake
You don’t know anything
I think about you way more than anything else
I’m not that spiritual
I still go out all the time to department stores
Everything I need but none of this
Is getting me anywhere good
Between you and me I still fall apart
At the thought of your voice
(The National – Quiet Light)
Eigentlich stand eine längere kreative Pause auf dem Bandplan der US-amerikanischen Melancholiker von The National – es sollte anders kommen: Als der renommierte Filmregisseur Mike Mills Frontmann Matt Berninger per Mail sowohl seine Leidenschaft für die Musik der Band, als auch die Bereitschaft mit ihnen gerne in der nahen Zukunft arbeiten zu wollen signalisierte, schmiss der Sänger gleich den ganzen Bandapparat an. In Kooperation entstanden so unter dem Titel I Am Easy To Find ein Album von The National und ein Kurzfilm von Mike Mills mit Alicia Vikander in der Hauptrolle. Beide haben die gleiche DNA, teilen sich Wörter, sowie Musik, verstehen sich aber nicht als Film und Soundtrack oder Musik und dazugehöriges Video. Vielmehr beschäftigen sich die gleichen Macher in unterschiedlichen Medien mit der Frage, was es in 2019 bedeutet ein Mensch zu sein.
Im Bezug auf das Album der Kritiker- und Fan-Lieblinge bedeutet das 16 neue Songs, die einhergehen mit der Verschiebung des Fokus von Frontmann Berninger, der nun nicht mehr alleine die Stimme der Band auf dem Album ist, sondern sich im ständigen gesanglichen Dialog mit der auf diesem Album noch mal größeren Anzahl an Sängerinnen-Features befindet. Schon der Opener und die erste Single You Had Your Soul With You dient hier exemplarisch als perfektes Beispiel, wenn Berninger nach einem Break der langjährigen David Bowie-Bassistin und Sängerin Gail Ann Dorsey die Bühne überlässt. Gleichzeitig schlägt der Song auch eine Brücke zum Vorgängeralbum Sleep Well Beast, das vielschichtig und für manche vielleicht etwas überladen von den Ideen der beiden Dessner-Brüder überbrodelte. Auf den Songs von I Am Easy To Find konzentrieren sich die beiden auf vielschichtige Arrangements, verweben Streicher, Piano-Melodien Samples, Chöre und den National-Signatur-Sound der Devendorfischen Rhythmusgruppe zu flirrenden Kompositionen, die hier und da ausbrechen, aber zumeist in die Sound-Sphären der Durchbruchsalben Trouble Will Find Me und High Violet bleiben.
Was nicht heißen soll, dass sich die immerzu im Studio als Produzenten oder mit anderweitigen Projekten umtriebigen Dessner-Brüder nicht auch auf dem neuen National-Album komplett austoben konnten. Ihre Spielwiese breitet sich dabei besonders in den zusammen etwa zehn aufeinanderfolgenden Minuten von So Far So Fast und Dust Swirls In Strange Light aus. Erstere erzeugt dabei ein musikalisches Flirren, als Klangbett für Berninger und Lisa Hannigan, bis sich diese zurückziehen und dem Flirren, Pluggern und allerhand Soundgetüftel Raum geben. Das darauffolgende Dust Swirls In Strange Light beginnt mit dem eindringlichen Gesang des Brooklyn Youth Chorus unter den sich nach und nach ein Drumcomputer und Beats mischen, bis die komplette Instrumentierung einsetzt und sich der Song zu einem vielschichtigen, wie vielinstrumentierten Klangwirrwarr auftürmt.
Daneben bietet das Album aber auch gleich eine Vielzahl an neuen Lieblingssongs der Band für ihre treuen Fans – sei es Quiet Light, das von National-typischen Piano-Melodien durchzogen ist und zum Ende hin auch noch mit Streichern die komplette Klaviatur an Emotionen, wie Sounds der Band beinhaltet. Ähnlich wie auch schon der zuvor als Single veröffentlichte Song Light Years. Hey Rosey hingegen beginnt mit hallendem Geklimper, um dann die Bühne für Gail Ann Dorsey zu öffnen, während nach und nach Streicher, Drum-Computer und Bass hinzukommen und auch Berninger letzzlich bei „Hey Rosey“ einsetzt. Die beiden Stimmen überlagern sich dann, verschmelzen und ziehen gemeinsam mit dem immer dichteren Sound des Songs in ihren Bann. Hairpin Turns ist dagegen klanglich relativ gleichförmig und wird völlig vom Zusammenspiel der Stimmen von Ann Dorsey, Berninger und Lisa Hannigan erfüllt, während die musikalische Untermalung eher den Rahmen bietet. Auch nicht unerwähnt bleiben sollte darüber hinaus der schon lange im Live-Repertoire der Band als Fan-Liebling geltende Rylan, der nun endlich im Studio aufgenommen, den Weg auf ein Studioalbum der Band fand.
Ein gutes Beispiel für die Zusammenarbeit der Band mit dem Oscar-nominierten Filmregisseur Mike Mills ist übrigens die von Berninger zuletzt bei den Special Shows zum Album-Launch erzählte Anekdote zum Song Not In Kansas: Dieser war in der ersten Version, die der Frontmann Mills schickte wohl über 10 Minuten und beinhaltete noch Seitenweise mehr Lyrics mit dem Hinweis, dass das in den Augen Bergningers in dieser Form so großartig wäre und was er davon halte. Ein paar Tage später bekam er den Song zurück, fast um die Hälfte gekürzt und mit nur noch einem Bruchteil des Textes – dabei wirkt der Song auch in seiner jetzigen, fast siebenminütigen Version immer noch schleppend und zu lang.
Letztlich festzuhalten bleibt also, dass The National auch bei ihrem achten Studioalbum weiterhin die Grenzen ihrer musikalischen Ausrichtung ausfransen und immer wieder interessante Umwege einschlagen, ohne aber den Kern ihres Könnens aus den Augen zu verlieren. I Am Easy To Find funktioniert dabei als wunderbare Momentaufnahme und liefert wiedermal eine Kostprobe des schier unbegrenzten Kreativschaffens der fünf Herren – umso schlimmer wirkt die Drohung, dass die Band, die in den letzten Jahren gefühlt omnipräsent war, demnächst doch die Ansage wahrmacht und sich eine längere Auszeit nimmt. Bis dahin sollte mal daher erstmal genießen, dass sie dieses Jahr noch für einige Live-Shows in Deutschland Stop machen!
The National – I Am Easy To Find
VÖ: 17. Mai 2019, 4AD
www.americanmary.com
www.facebook.com/thenationalofficial
The National Tour:
15.07. Jahrhunderthalle, Frankfurt
16.07. Stadtpark, Hamburg – ausverkauft
26.11. Columbiahalle, Berlin
27.11. Columbiahalle, Berlin
01.12. RuhrCongress, Bochum
02.12. Palladium, Köln
04.12. Zenith, München
05.12. Porsche Arena, Stuttgart