HATCHIE – Keepsake


Foto-© Joe Agius

Never one to light up a room on entry
Figured it’s part of a charm and it’s nothing to shame
Blow off my friends then cry about being lonely
Let Friday ruin my Saturday yet again
You were the one, you were the one who
Told me to run, told me to run
Give it a try, get out alive
But I can’t be fun, you’re the only one

(Hatchie – Obsessed)

Auf ihrer Debüt-EP Sugar & Spice lieferte Hatchie das klangliche Äquivalent zum Verlieben: einen anhaltenden Gefühlssturm, der in fast schon hypnotischen Klangschichten umgesetzt wurde. Die Kritiken waren gut, Musikexpress führte sie in der Hotlist 2019, Pitchfork ließ sich zur Diagnose „dream-pop idol of tomorrow“ hinreißen, jetzt ist es Zeit für dieses tomorrow und den nächsten Schritt. Am Freitag (21.06.2019) legt die Australierin, die in Brisbane aufgewachsen ist, ihr Debütalbum Keepsake vor und nutzt den Raum einer LP für ein breiteres klangliches Spektrum. Die Tracks sind immer noch dynamisch und von einer Leichtigkeit, die aber keinesfalls flach ist, reichen aber über Dream-Pop hinaus. Auf Keepsake mischt Hatchie, die eigentlich Harriette Pilbeam heißt, Industrial mit New Wave und versteht es, richtig gute Dance-Pop-Nummern zu schreiben. Die Platte wurde in einem Heimstudio in Melbourne aufgenommen, Pilbeam arbeitete wieder mit dem Produzenten der Erfolgs-EP – John Castle – zusammen.

Die musikalische Palette und thematische Tiefe von Keepsake werden eingerahmt durch zwei klassische, eingängige Pop-Nummern. Der Opener Not That Kind und der fast schon euphorische Abschluss des Albums Keep sind tanzbare und gut gemachte Songs, die den dynamischen Eindruck der Platte perfekt zusammenhalten. Es sind jedoch die Tracks dazwischen, die für Tiefe und Spannung sorgen und Keepsake nicht zu einem beliebigen Pop-Werk werden lassen. Vor allem Songs wie Secret zeigen Hatchies Potenzial als Songwriterin. Er handelt von der Schwierigkeit, einzugestehen, dass man psychische Probleme hat, mit denen man allein nicht mehr zurechtkommt. Eingepackt in rhythmischen Gesang, leichte Gitarren und fast träumerischen Synthie-Sound, entsteht eine Mischung, welche die Qualität des Albums ausmacht. Auch Obsessed ist so ein Song. Die treibenden Dance-Beats bilden eine spannende Symbiose mit den selbstreflektierten Lyrics, die die Ironie des eigenen Verhaltens aufzeigen. Der Gesang ist außerordentlich lässig, so entsteht Hatchies ganz eigener Sound. Auch auf Kiss The Stars schafft sie es durch ihre Gitarrenarbeit und die hypnotischen Vocals, Melancholie einzufangen, ohne kitschig zu wirken. In dem Lied geht es um das schwere Gefühl, das der Sonntagnachmittag und das Ende des Wochenendes mit sich bringen. Ein aus anderem Grund bezeichnender Song des Albums ist Stay. Die sehr synthielastige Dance-Pop-Nummer steht in Kontrast zu Songs wie Unwanted Guest, der Industrial-Momente mit kühlen, teilweise gesprochenen Vocals verbindet. Über dieses Verhältnis der Sounds hat sich Hatchie viele Gedanken gemacht und sagt über Stay: „At first I thought I could never put that on my album-it felt too dancey and pop, and I figured it could really shine on someone else’s record. But then I realized: I’m the one dictating what my sound is; what I put on my album is up to me.” Und das war genau richtig, denn diese Mischung ist jetzt das Erfolgsrezept der Platte.

Harriette Pilbeam aka Hatchie veröffentlicht mit Keepsake ein Album, das man auf den ersten Blick für leichten Sommerpop halten könnte. Sehr guten leichten Sommerpop. Dafür sorgen der erste und der letzte Track und Songs wie Stay. Dass dazwischen aber Spannung, Lässigkeit und Tiefe stecken, ist eine Erkenntnis, die sich schnell einstellt. Auch wenn sich die Songs um Wochenend-Blues, verhunzte Partys und Herzschmerz drehen, wird es nie flach. Hatchie gelingt mit ihrem Debüt der Spagat zwischen tanzbarem Pop und Melancholie und schafft es dabei, immer lässig und nicht kitschig zu klingen. Ein Album, das man am besten ganz hört, da es durch die Kontraste innerhalb und zwischen den Songs lebt.

Hatchie – Keepsake
VÖ: 21. Juni 2019, Heavenly / [PIAS]
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