K.FLAY – Solutions

I used to worry about the way that I walk
Like was I talking too loud
And could I hang with the jocks.
It’s never easy to be different inside
But when you don’t give a fuck
It’s just like riding a bike

(K.Flay – This Baby Don’t Cry)

K.Flays neues Album Solutions verwendet das altbewährte Konzept – Popmelodien auf Hip Hop Beats, Sprachgesang in den Strophen versus Gesangsparts im Chorus. Dabei legt sie noch mehr Wert auf stärkere Pop-Hooks als bei ihrer letzten Platte. Der Opener I Like Myself versprüht positive Vibes und wird ummantelt von catchy Rhythmen. Die Strophen sind gewohnt lyrisch ausgeschmückt, die Hook textlich reduziert, dafür umso melodischer und sehr eingängig. Schon im ersten Song zeigt sich die zweifach Grammy-nominierte US-Sängerin, Multiinstrumentalistin, Songschreiberin und Produzentin wahnsinnig authentisch und ehrlich. Dabei findet man sich schnell in ihren Zeilen wieder.

In Zeiten, in denen sich jeder im Social Media möglichst perfekt und glücklich präsentieren möchte, will sie lieber hinter die Fassade blicken und hat keine Lust „so zu tun als ob“. Sie möchte nichts verschönern, denn eine schlechte Zeit zu haben gehört dazu und ist okay. In ihren eigenen Worten: „I like myself most of the time – is that a crime?“. Sozusagen eine Hymne der Selbstakzeptanz und Zufriedenheit mit sich selbst als authentische Person. Bad Vibes vereint einen mitreißenden Rap-Flow, ordentlich Verzerrung auf den Gitarren und energetische Drums. Der Chorus geht sofort ins Ohr und motiviert, den Fokus aufs Positive zu richten. Die Rapperin rechnet mit Menschen ab, die alles nur negativ sehen wollen. Die Instrumentalisierung verleiht den sowieso schon direkten und auffordernden Lyrics noch mehr Nachdruck.

Fans von The Ting Tings werden den Song This Baby Don’t Cry lieben. Der mit vielen Claps und prägnanten Drums geschmückte Song kommt durch die abgehackte Singart und zweistimmigen Parts richtig in Fahrt. Er geht extrem nach vorne und präsentiert ein extrem gelungenes Gitarren-Riff. Er beflügelt, wenn man einen nicht so guten Tag hat und proklamiert einen Badass-Habitus: Wenn man anfängt nicht mehr auf die Meinungen von anderen zu hören, wird das Leben auf einmal viel leichter. Beim Hören zunächst als lässige Pop-Rock Nummer wahrgenommen, offenbart sich Not in California als nostalgische Erinnerung an Heimat und Kindheit. In der Bridge, die tief berührt und einen Stimmungsumbruch im Song erzeugt, wird die Trauer darüber deutlich, kein Kind mehr zu sein und die Dinge aus der heutigen Perspektive anders machen zu wollen als damals.

Good News ist sehr elektronisch mit bearbeiteten Drum Sounds und Synthie Bass. Der Chorus ist melodisch mal wieder ein Volltreffer und wird durch sphärische Sounds erfrischend instrumentalisiert. Hinter den Zeilen steckt der Gedanke, wirklich gute Neuigkeiten gebrauchen zu können, um durch den Tag zu kommen. Wieder so eine Thematik aus dem alltäglichen Leben, mit der man sich einfach extrem gut identifizieren kann. Intensiv ist auch der Track DNA: Popmelodien treffen auf einen Oldschool-Hip-Hop Beat, Dankbarkeit trifft auf Enttäuschung. Thematisch geht es um die Ambivalenz der Verbundenheit mit dem Vater durch die DNA, die von der Sängerin gleichzeitig als etwas Bereicherndes empfunden wird als auch kritisch hinterfragt wird, da Sie ein sehr zwiespältiges Bild ihres Vaters internalisiert hat. Verfolgt durch einen Geist, eine alte Seele, die ihr inne wohnt – und vor allem in ihren eigenen Augen erkennt sie ihre Bezugsperson, hat damit aber ihren Frieden gemacht. Ihre Verbundenheit erzeugt keine Wut mehr, sondern eine tiefe Akzeptanz. So scheint es, dass textlich die Verbundenheit mit der Heimat und den Eltern, das Erwachsenwerden und die Nostalgie über Vergangenes im Fokus der Platte stehen. Auch Selbstakzeptanz, Selbstfindung und in Verbindung mit der dunklen Seite seiner Selbst zu treten und diese als Teil der Persönlichkeit zu akzeptieren, finden Anklang in den Lyrics.

Dabei finden sich viele positive, energetische Tracks. Was die Künstlerin so besonders macht, ist ihre Authentizität und dass sie auch ihre intime Gedankenwelten ausbreitet, ohne etwas schönzureden. Mit ordentlich Druck und Dynamik meistert sie sowohl Rap- als auch Gesangsparts und erzählt ihre Geschichten so ehrlich, dass man sich schnell in ihnen wiederfindet. Fast jede Hook auf dem Album geht direkt ins Ohr und zeigt eine Synthese aus rockigen Distortion-Sounds und synthetischen Klängen, kombiniert mit poppigen Melodien.

K.Flay – Solutions
VÖ: 12. Juli 2019, Night Street
www.kflay.com
www.facebook.com/kflaymusic

Julia Rösner

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