LIZZO – Turns Out, She truly is 100% that Bitch

Plötzlich, wie mit einem Schlag, setzt sie sich über alles hinweg: Wo vorher noch Konzertgemurmel war, geht nun Lizzos kraftvolle Stimme vom Ohr direkt ins Herz der Konzertbesucher: „I’m crying ’cause I love you“ Lizzo, das ist die 31-jährige Melissa Jefferson, die mit ihrem im April diesen Jahres erschienenen Album Cuz I love you eine Erfolgswelle losgetreten hat. Spätestens die Single Juice manifestierte, wofür die Sängerin steht: Hier treffen ein unvergleichlich in die Beine gehender Soundmix aus R‘n’B, Funk, Dance und Soul auf Themen wie Bodypositivity, Selbstbewusstsein und Black Empowerment.

Genau diese Mischung ist es auch, die das Berliner Publikum gestern im ausverkauften Festsaal Kreuzberg live sofort in den Bann zieht: Lizzos Ausstrahlung, ihre Stimmgewalt und die mitreißenden Songs sind eigentlich genug, um den Raum komplett auszufüllen. Es gibt allerdings auch abseits der Künstlerin eine Menge zu sehen: Lizzos Tänzerinnen-Crew Big Girls räkelten, twerkten und feierten auf der Bühne und an der Stange, als wäre dies die erste und einzige Show auf der aktuellen Tour. Die Pausen zwischen Songs wie Soulmate und Like A Girl nutzt die Sängerin immer wieder, um ihrem Publikum die Message des Albums weiterzugeben: Die wichtigste Beziehung habt ihr zu euch selbst, kümmert euch um Selbstliebe. Was zugegebenermaßen in der Intimität des Festsaals Kreuzberg zuweilen haarscharf an etwas vorbeischrammt, dass an „Selbsthilfegruppe“ erinnert, tut der Atmosphäre keinen Abbruch.

Lizzo darf das, weil sie eine Authentizität mit sich bringt, die ihresgleichen sucht. Die riesige Haarfrisur? Das stark geschminkte Gesicht? Die überzeichnete Attitüde? Ziemlich schnell wird klar: All das hätte die Sängerin auch, wenn sie vor 10 Menschen oder für sich alleine spielen würde. Das ist einfach 100% sie. Und diese Gewissheit macht sie unangreifbar: Für alle Kritiker sowieso, für den Fuckboy, dessen Abschuss sie an diesem Abend feiert, aber am Wichtigsten: Für die bisher unüberwindbar-wirkenden Strukturen der Musikindustrie, mit denen man als schwarze, übergewichtige Frau zu kämpfen hat.

Besonders stolz ist Lizzo an diesem Abend auf ihren Überhit Truth Hurts, der gerade in die Billboard Top 10 eingestiegen ist. Nachdem sie diesen direkt zwei Mal performt hat, lässt sie einen ein bisschen sprachlos zurück, diese Ikone. Somit bleibt der einzige Wehrmutstopfen des Abends, dass dies ziemlich wahrscheinlich die letzte Möglichkeit war, diese begnadete Künstlerin in so einer vermeintlich kleinen Venue gesehen zu haben.

Wer die Show gestern in Berlin verpasst hat, hat im November noch mal die Chance Lizzo in Deutschland zu erleben, denn gerade erst wurden zwei Shows in Köln und Berlin angekündigt!

Lizzo Tour:
13.11. Palladium, Köln
14.11. Columbiahalle, Berlin
15.11. Tonhalle, München