WILDER WOODS – Wilder Woods


Foto-© Jesse DeFlorio

I was on my knees again
Begging for my ways to change
But the truth I uncovered, the pressure I’m under
To please you has gone away
You’re a temptress, you’re to blame
For the guilt I can’t displace
Though there’s winters and summers
And so much has changed
You’re the fortress for my shame

(Wilder Woods – Religion)

Als sich Wilder Woods Anfang des Jahres mit Sure Ain’t und Someday Soon der Musikgemeinde vorstellte, begann das Rätselraten um den Mann, der sich hinter dem Synonym verbirgt. Zusammen mit dem Video zu Sure Ain’t kam dann die Enthüllung: Er heißt Bear Rinehart und hat bis dato als Frontmann der Rockband NEEDTOBREATHE hochplatzierte Alben, ausverkaufte Touren und eine Grammy-Nominierung vorzuweisen. Jetzt erschien das Album zum Solo-Projekt, dessen Name an seine Söhne angelehnt ist – Wilder und Woods. Diese waren auch die Inspiration zum Album, Rinehart sagt, er wollte mit der Platte einen Brief an sie schreiben und im Prozess des Großwerdens kurz die Zeit anhalten. Und so persönlich das Thema, so persönlich auch der Sound: Der gesamte Fokus liegt auf seiner Stimme. Musikalisch geht das Album in eine neue Richtung: Während sich NEEDTOBREATHE vor allem im Folk-/Alternativespektrum bewegten, klingt das Debüt hier nach Soul und R’n’B mit Funkanleihen.

Der Opener Light Shine In klingt für die Fans von NEEDTOBREATHE wahrscheinlich noch am vertrautesten. Der Track startet langsam und sanft und verwandelt sich dann dank elektrischer Gitarren und Rineharts Stimme in eine Art Predigt: “Let your light shine in”. Die elektrische Gitarre bleibt auch in Sure Ain’t erhalten – klingt hier aber glatter und sexier als im epochalen ersten Track – eine Nummer zum Tanzen eben. Die Single Electric Woman, die Rinehart über und für seine Partnerin und Muse geschrieben hat, geht in eine ähnliche Richtung – nämlich flirtend und sehr tanzbar. Im dazugehörigen Video tanzt dann auch seine Ehefrau Mary Reames Rinehart, während er beteuert: „I wanna be your electric man / I wanna give you every spark that I can / Can’t live without you, my resistance is gone”. Und auch der Song Feel hat diesen fast schon 70s-Soul-Groove, zu dem man unweigerlich zumindest mit dem Bein wippt. Das Album hat aber auch schwerere und nachdenkliche Stücke. Someday Soon ist das Gegenteil von Electric Woman oder dem spielerischen Feel. Es ist ein melancholischer und bluesiger Song, der am Ende dennoch auf das Licht am Ende des Tunnels anspielt. Auch das letzte Stück der Platte, Religion, setzt sich gekleidet in ein minimalistisches Gitarrenarrangement mit dem Aufwachsen und dem Christentum auseinander. Trotz der reduzierteren und nachdenklicheren Töne ist Religion mit den eindringlichen und sehr emotionalen Vocals im Refrain eine perfekte Verbindung zum Opener und schließt somit den inhaltlichen, wie klanglichen Kreis.

Wilder Woods ist eine Platte, die vor allem zwei Facetten vereint. Rinehart sagt dazu: „Es gibt die Wilder-Seite, in der sich alles um Liebe, Flirten und Begehren dreht; und die Woods-Seite, die ernsthafter und nachdenklicher ist.“ Diese Kombination ist gelungen. Zwischendrin gibt es jedoch hin und wieder ein bisschen zu viel Familienliebe und überbordende Gefühle. Das wirkt dann leider nicht immer authentisch. Das Album lebt von guten Songs, die in sich stimmig und gut produziert sind – hintereinander weg sind diese dann aber teilweise doch ein bisschen zu viel des Guten.

Wilder Woods – Wilder Woods
VÖ: 09. August 2019, Atlantic
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