Foto-© Daniel Alexander Harris
Believe me
It happens all the time
Affection can be as cruel as it is kind
Lover, won’t you give me a sign
Love can be as deaf as it is blind
(Amber Run – Affection)
Drei Jahre nach ihrem letzten Album melden sich Amber Run endlich mit einem neuen Werk zurück. Philophobia – der Titel der neuesten Platte ist durchaus als Konzept zu verstehen: Auf elf sehr eingehenden und sehr emotionsgeladenen Songs lotet die britische Indie-Rock-Formation um Leadsänger Joe Keogh mit viel Leidenschaft und Tiefgang die Horizonte und Abgründe der Liebe aus. Herausgekommen ist ein sehnsuchtsvolles Werk, das die komplexe Thematik der „Angst vor der Liebe“ in ein facettenreiches musikalisches Gewand kleidet.
Nach einem 42-sekündigen Piano-Intro gibt der Song Neon Circus zunächst den treibenden Ton an: energiegeladen und wie ein wogendes Schiff inmitten eines Meers aus elektrischen Gitarren peitscht die Stimme von Keogh nach vorne. Gefolgt wird dieser explosive Track von dem nicht weniger markanten No One Gets Out Alive sowie dem eingehenden und zugleich tieftraurigen What Could Be As Lonely As Love. Vor allem hier in den ersten Liedern schaffen es Amber Run, die großen Ambivalenzen des Themas der Liebe in eine euphorisch aufgeladene und rhythmisch treibende Klangwelt mit zutiefst ehrlichen Texten zu verwandeln, die in ihrer Rohheit sowohl die großen Verlockungen der Liebe und des Lebens besingt, aber auch ihre Kehrseiten – den Schmerz, die Einsamkeit und die Enttäuschung darüber – nicht ausspart.
Gebrochen wird der Drive dieser ersten Lieder zumindest auf einer musikalischen Ebene durch atmosphärisch getränkte Songs wie Affection und Medicine, die in ihrer Melancholie ein klangliches Gegengewicht zu dem Verve der ersten Hälfte des Albums bilden. Hier siegt die Schwermut eines erschöpften Ichs über die aphrodisierenden Wirkungen erfüllender Zweisamkeit, etwa wenn es heißt: „Love can be as deaf as it is blind“. Volle Fahrt nimmt das Trio aus Nottingham dann wieder in Entertainment auf, bevor das Album in Worship einen doch sehr melodramatischen, mit Streichern unterlegten Ausklang findet.
Ob rauschhafte Ekstase, angsterfüllte Zweifel, gequälte Verbitterung, totale Resignation oder eine nicht zu erschütternde Hoffnung auf Liebe: Philophobia schafft es, durch thematisch und lyrisch vielseitige Songs ein buntes Bild des Themas zu zeichnen und kreiert ein emotional getränktes Feuerwerk, welches in all seiner gedanklichen Tiefe eine einzigartige musikalische Komplexität nicht vermissen lässt. Joe Keogh sagt im Bezug auf das Album: „I hope after people have heard the record they feel closer to the band […]. We want to draw people in and keep them close. In the hope we could have a shared experience“. Die Songs auf Philophobia schaffen dies allemal. Wie Amber Run die gewünschte Nähe zu den Fans in den Live-Shows erzeugen – darauf sind wir zu Recht sehr gespannt.
Amber Run – Philophobia
VÖ: 27. September 2019, Easy Life Records
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