VÉRITÉ – Dunkelheit und Melancholie

Foto-© Sophia Kahlenberg

Treibender Elektropop mit einem deutlichen Hang zur Dunkelheit und Melancholie – so kennt man die 28-Jährige New Yorker Künstlerin VÉRITÉ, seit sie sie mit ihrem Debütalbum Somewhere In Between 2017 alle Augen (und Ohren) auf sich zog. Ohne große Marketingaktion hinter sich, aber dafür auch ohne große Kompromisse eingehen zu müssen landete ihre erste Single Strange Enough damals auf Platz 1 der Hype Machine Blog Charts und etablierte sich schnell als Geheimtipp unter Indie-Liebhabern. Bei unserem Interview im Berliner Michelberger Hotel sitzt sie nun entspannt vor mir, ihr neues Album New Skin ist bereits in trockenen Tüchern und sie freut sich auf einen entspannten Urlaub in Italien, der vor ihr liegt.

Welche drei Wörter vermitteln mir am ehesten einen ersten Eindruck von New Skin?
Dunkel. Eindringlich. Antreibend.

Der Vorgänger Somewhere In Between war ein großer Erfolg. Gibt es Berührungspunkte zwischen diesem und dem neuen Album?
Ich würde sagen, beide Alben sind unterschiedlich. Mit Somewhere In Between habe ich mir eine künstlerische Grundlage erbaut, von der ich lang zehren konnte. Es fühlt sich nun ein bisschen so an, als hätte ich mich seither weiterentwickelt und mit mir meine Musik. Für dieses Album war mein Ziel, eine eigene Welt zu erschaffen, die die Hörenden mitnimmt. Vordergründig geht es um die intimen Themen Liebe und Beziehung, da war es mir wichtig, so nah an den Hörenden zu sein wie irgendwie möglich.

Wie hast du das umgesetzt?
Wir haben den Sound oft gewollt unperfekt gelassen. Es soll sich organisch und ehrlich anhören. Zwischendurch hört man also die Menschen, die mit mir bei den Aufnahmen waren und wir haben Geräusche von draußen aufgenommen und reingepackt.
Die Arbeit am Album dümpelte zunächst vor sich hin und wollte nicht in Fahrt kommen. Es ist ein komischer Prozess: Man arbeitet an etwas und weiß auch noch gar nicht, ob das jetzt gerade gut oder schlecht ist, was man da tut. Schließlich habe ich mit dem Song Gone begonnen und es war, als sei der Knoten da geplatzt. Von da an kamen plötzlich alle Ideen zusammen und das Thema nahm Gestalt an.

Das Album wurde an drei verschiedenen Orten geschrieben und aufgenommen. Nashville, L.A und New York. Wie waren da die Unterschiede?
Die Orte könnten unterschiedlicher nicht sein. Das gibt dem Album eine sehr schöne Dynamik. Nashville ist eine sehr musikzentrierte Stadt, es gibt viele Musiker, der Sound der Stadt ist sehr organisch und echt und handgemacht. Der genaue Gegensatz zu L.A. Die Stadt hat einen deutlichen Hang zu sterilem Elektro-Pop, also super spannend. Die Musikszene in New York lässt momentan leider echt ein bisschen zu wünschen übrig. Es ist meine Heimat, aber die meisten Musiker ziehen momentan da weg weil die Stadt einfach zu teuer geworden ist, wenn du als Kreativer dort bist. Diese Menschen gehen nun alle nach L.A. und wenn sie sich an dem Vibe abgearbeitet haben, ziehen sie nach Nashville. Es findet also fröhliches Umherziehen statt. (lacht)

Auf deinem neuen Album geht es um die Liebe…
Aber mehr noch. Es geht um Beziehungen. Ocean beschreibt zum Beispiel nicht den Anfang oder das Ende dieser, diese Phasen wurden schon so oft besungen. Es geht um den Mittelteil bei welchem man dann wirklich merkt, dass man sich auf eine Person eingelassen hat. Diese Zeit hat eine gewisse Schönheit und Traurigkeit in einem. Denn sind wir mal ehrlich: Verliebtsein hält nie für immer an.

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Dein Song Youth beginnt mit der nüchternen Feststellung „I wasted my youth on you“. Wie genau kam es zu diesem?
Ich verarbeite in diesem Song meine langjährige On-/Off Beziehung mit einem deutlich älteren Mann als ich noch jünger war. Während ich zu viel von mir gegeben habe, war er mir stark überlegen. Und während der Schmerz für mich eine krasse und verändernde Erfahrung war, ist das einfach so an ihm vorbeigezogen. Wenn man jünger ist, fühlt man alles intensiver und eindringlicher.

Vermisst du diese Zeit manchmal?
Auf gar keinen Fall. In diesem Business hängen komischerweise alle der Jugendlichkeit hinterher, aber mir könnte man nicht genug Geld geben, als dass ich die Anfänge meiner 20er nochmal erleben würde. Ich hatte schon immer starke Tendenzen zur Schwermut und Depression. Das endete damit, dass ich mich konstant unglücklich fühlte. Die Erfahrungen in meinen 20ern haben mich noch einmal sehr stark verändert und nun, mit 28, fühle ich mich stärker und entspannter denn je.

Was hat dir letztlich geholfen, mehr mit dir selbst klarzukommen?
Es ist immer noch ein Prozess, aber man lernt eine Menge dazu: Zunächst, dass scheinbar oberflächliche Sachen wie regelmäßiger Sport und eine gute Ernährung unabdingbar sind, um sich gut zu fühlen. Und dann, wenn die Dinge nicht laufen wie geplant, einfach nicht den Kopf in den Sand stecken sondern weiter machen: Immer wieder aufstehen und dem Glück die Chance geben, einen zu erfassen. Denn das ist letztlich der einzige Unterschied zwischen erfolgreichen und erfolglosen Menschen. Erstere probieren es einfach so lange, bis alles klappt wie gewünscht. Man braucht eine ziemlich große Schmerztoleranz dafür, aber wenn es etwas gibt, was ich besitze, dann die.

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