Foto-Credit © Paolo Barretta
One by one we watch the stars come out
One by one we watch the stars come out
Ohhh
Good things come to those who learn to wait
Ohhh
Wait for the sun to fall into the world
One by one we watch the stars blossom above
Blossom above
Ohhh
(Fink – We Watch The Stars)
Der in Berlin lebende Engländer Fink war noch nie ein Mann der hellen Töne. Sein erstes Studioalbum Perfect Darkness führte uns 2011 in eine dunkle Welt. Die außergewöhnliche Mischung aus englischen TripHop und Blues begeisterte viele. Die Gitarre wanderte auf Beatschleifen und düstere Texte begleiteten sie. Manchmal sprach auch nur die Gitarre, getreu nach einem Satz von Mark Knopfler, der in einem Interview sagte: „Manchmal fehlen einem die Worte, aber vielleicht hat die Gitarre noch etwas zu sagen.“. War Perfect Darkness noch ein Geheimtipp, folgte 2014 mit Hard Believer die Hitsingle Looking Too Closely, welche auf Spotify eine beachtliche Anzahl an Wiedergaben verbuchen konnte. Auf Album und Song verschwanden bereits die Beatschleifen und komplexere Songstrukturen mit breiterem Instrumentenspektrum folgten.
Auf Bloom Innocent erleben wir wohl einen vorzeitigen Höhepunkt dieser Entwicklung. Die Songs, nein… die Kompositionen sind vielschichtig, komplex und vor allem lang. Fink bringt einen langen Atem mit und fordert ihn von seinen Zuhörern. In Watch the Stars, dem zweiten Track auf der Platte, wirren 5 Minuten lang Streicher durch eine unwirkliche Szenerie und die Stimme tastet sich durch den Nebel. „One by one we watch the stars come out.“ Nach und nach öffnet sich die Himmelsdecke und die Sterne werden sichtbar. Das Gefühl dabei wandelt Fink in ein finales Arrangement, welches all die Verwirrung auflöst.
Damit setzt Fink das Setting für ein Album, welches sich mit einem großen Wort beschreiben lässt: Demut. Wie klingt Demut? Fink wagt das Experiment. Seine Aussagen sind weise Lebenserfahrung. Der allmählich grau melierte Mann geht dem Dasein auf den Grund. Seine Musik wirkt wie eine akustische Untermalung der deutschen Romantik oder der Neo-Romantik tausender Instagram-Fotografen: eine winzige Gestalt vor einer alles umfassenden Landschaft.
Fink überträgt dieses Bild ins Audio. Ich höre. „That‘s How I See You Now“ — kaum Text, nur ein Satz, der Sänger klein, die Soundlandschaft überwältigend. Das gleiche in I Just Want A Yes — Die Vegetation scheint sich zu ändern, aber es ist wieder die menschliche Stimme vor einer wilden Landschaft aus Klängen und Schlägen. Wie in den Bildern von Caspar David Friedrich wird die Landschaft Projektion innerer Konflikte und Gefühlswallungen.
Bloom Innocent ist Finks bisher anspruchsvollstes Album und kann nicht mehr, einfach so, gehört werden. So wie man nicht einfach so Kunst aufhängt, um daran vorbei zu laufen. Dieses Album will volle Aufmerksamkeit, ähnlich wie ein Gemälde. Bloom Innocent braucht einen ähnlichen geschützten Raum wie das Gemälde das Museum. Nur wer um sich Stille schafft, wird sich darauf einlassen können. Fink hat sich damit vom Mainstream verabschiedet, mit dem er wohl sowieso nie viel anfangen konnte.
Fink – Bloom Innocent
VÖ: 25. Oktober 2019, R’Coup’d / Rough Trade
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