Kinotipp der Woche & Filmkritik: LE MANS 66 – GEGEN JEDE CHANCE


Foto-© 2019 Twentieth Century Fox

You need a pure racer behind the wheel of your car, that’s Ken Miles

(Caroll Shelby – Ford v Ferrari)

Caroll Shelby (Matt Damon) und Ken Miles (Christian Bale) leben für Autos und Mechanik, vor allem aber für den Rennsport an sich. Beide passen wenig (Shelby) bis überhaupt gar nicht (Miles) in die große Maschinerie des Rennsports bestehend aus Gremien, Marketing und großen Firmenkonglomeraten. Sinnbildhaft für alles, was gegen den ursprünglichen Pioniergeist des Rennsports am absoluten Limit steht, ist dabei Ford mit seinen am Fließband gefertigten Produkten, geschaffen für den Massenmarkt. Genau für diese Firma versuchen die beiden 1966 als erstes amerikanisches Team das 24 Stunden Rennen von Le Mans zu gewinnen. Ein Kampf gegen die Gesetze der Physik, Corporate Governance und den eigenen Stolz beginnt.

Regisseur James Mangold hat in der Vergangenheit ein gutes Händchen bewiesen, wenn es um die Geschichten von Männern geht, die ihre persönlichen Dämonen bezwingen müssen. Sowohl bei realen Vorbildern wie Johnny Cash (Walk the Line) als auch fiktiven wie Wolverine (Logan). Ford v Ferrari, bzw. Le Mans 66 – Gegen jede Chance so der weniger griffige deutsche Titel, reiht sich hier ein und steht den anderen Filmen auch kaum in Qualität und Dramatik nach. Christian Bale geht dabei einmal mehr komplett in seiner Rolle auf. Nachdem er sich für Vice aufgeblasen hatte, ist er nun hager und ausgemergelt, beinahe wie zuletzt Joaquin Phoenix als Joker. Wobei die Figur des Ken Miles zwar wie Wolverine oder Cash absolut unangepasst ist und sich selbst im Weg steht, ist er dabei weit weniger tragisch als die anderen erwähnten Figuren. So verbissen und verkopft er den Rennsport sieht und entsprechend gebrochen wird bei Rückschlägen in diesem Feld, führt er doch ein erfülltes Leben mit Frau und Kind, welche er im Zweifel auch vor den Sport stellen würde. Somit kommt Ford v Ferrari etwas leichter verdaulich als die anderen Mangold Filme daher. Dies liegt zum einen daran das Miles Leben auch bei beruflichen Niederlagen nicht aussichtlos erscheint und zum anderen daran, dass er grundsätzlich eine schlicht optimistischere Identifikationsfigur bietet. Der lockerere Ton steht dem Film dabei ganz gut, denn passend zum 24 Stunden-Rennen muss auch der Zuschauer ein wenig Sitzfleisch für die 152 Minuten Laufzeit mitbringen. Dabei hat der Film zwar keine nennenswerten Längen, ist aber mit mehreren Story Abschlüssen dramaturgisch so aufgebaut, dass er bereits nach 90 oder 110 Minuten vorbei hätte sein könnte. Wenngleich man sich eher noch mehr Spielzeit, denn ein verfrühtes Ende wünschen würde.

Nicht nur schauspielerisch, sondern auch inszenatorisch wird hier nämlich einiges geboten. Zwar sind die Rennszenen stark unterstützt von Computertechnik, jedoch hauptsächlich um Continuity Fehler zu vermeiden und die Bilder von verschiedenen Zeiten und Locations zu harmonisieren. Die Rennszenen wirken dann auch größtenteils absolut real und mit wechselndem Fokus zwischen Außenaufnahmen und den Rennfahrern bleibt der Zuschauer sehr nah am Geschehen. Besonders hervorzuheben ist dabei das Sounddesign. Auch als nicht Fan von Motorröhren wird sich keiner der Magie und dem Dröhnen des Ford Mustangs entziehen können. Nicht zuletzt hierdurch geht die Anspannung in den Rennszenen soweit auf den Zuschauer über, dass man sich teilweise verkrampft an der Armlehne des Kinosessels fest- und die Luft anhält. Die akustische Ebene bildet eine schöne Klammer um den Film, wird der Zuschauer anfangs durch den aufheulenden Motor empfangen, geht der gleiche Sound am Ende harmonisch in die Abspannmusik über. Dieses Beispiel steht dabei sinnbildhaft dafür, wie Mangold die Liebe der Protagonisten zum Rennsport einfängt und auf das Medium Film überträgt, entsprechend sollten sich Fans von Mangold oder Rennsport diesen Film nicht entgehen lassen. Beide Parteien werden nicht enttäuscht.

Ford v Ferrari (US FR 2019)
Regie: James Mangold
Darsteller: Christian Bale, Matt Damon, Caitriona Sparta, Jon Bernthal, Tracy Letts
Kinostart: 14. November 2019, Twentieth Century Fox

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Malte Triesch

Malte wuchs im idyllischen Lilienthal, direkt an der Grenze zu Bremen, der schönsten Stadt im Norden Deutschlands, auf. Seine frühesten Film-Erinnerungen ist, auf dem Schulhof in der neusten TV Movie alles anzustreichen was gesehen und aufgenommen werden muss. Da die Auswahl an Horrorfilmen hier doch recht be- oder zumindest stark geschnitten war entdeckte er Videotheken für sich bzw. seine Mutter, da man diese ja erst ab 18 betreten durfte. Wenn er nicht gerade Filmreviews schreibt ist er wahrscheinlich im (Heim-)Kino oder vor dem Mikrophon für den OV Sneak Podcasts, SneakyMonday.

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