Well, I need to slow down
Well, I need to slow, slow down
Made a promise and I lost
Had a plan that was a bust
Am I coming in clear?
Draw up a plot to get me out of here
(Low Roar – Slow Down)
Dass geographische Veränderungen im Leben eines Künstlers von Bedeutung sind, davon zeugt das Projekt Low Roar, initiiert von Singer-Songwriter Ryan Karazija. Zuvor für die Indie-Rock-Formation Audrey Sessions als Leadsänger unterwegs, zog der Singer-Songwriter aus San Francisco in das isländische Reykjavik und verarbeitete unter neuem Namen die Herausforderungen und die Einsamkeit, die ihn dort überwältigten. Nach dem selbstbetitelten folkigen Debüt 2011 folgten seither der rockigere Nachfolger 0 (2014) sowie das elektronisch geprägte Once In A Long, Long While (2017). Das jüngst erschienene ross. markiert einen neuen Punkt im Schaffen von Low Roar und schafft es – mal klanglich verspielt, mal atmosphärisch aufgeladen – verschiedene Muster des bisherigen Werks in einem Album unterzubringen.
Durchweg von einem sanften akustischen Sound geprägt und ergänzt durch dezent eingesetzte elektronische Elemente, kreiert das nunmehr vierte Studioalbum des amerikanisch-isländischen Bandprojekts eine atmosphärische Harmonie und wird vor allem getragen von der gefühlvollen Gesangstimme Karazijas, die den einzelnen Liedern eine charakteristische Melancholie und Tiefsinnigkeit verleiht. Darkest Hour, das erste Stück der Platte, setzt mit simplen Gitarrenakkorden ein, später unterstützt durch dezente Klavierakkorde und ist eine dahinfließende Folk-Ballade, die von der Sehnsucht nach einem Zufluchtsort handelt. Der zweite Song Slow Down, ebenfalls nur durch gezupfte Gitarrensaiten und sich schnell auflösende Klavierakkorde getragen, beschwört in sehr eindrücklicher Einfühlsamkeit den Wunsch nach Einfachheit und innerer Ausgewogenheit: „Well, I need to slow, slow down“, moniert Ryan Karazija im Chorus. Dass es sich hierbei nicht nur um ein textliches Element handelt, sondern auch darüber hinaus als musikalisches Leitmotiv herhält, davon zeugen die übrigen neun Songs allemal. So zum Beispiel auch in der atmosphärischen Ballade Not Around oder dem serenadenartigen Blue Eyes, das in seiner Kombination aus einfachem Fingerpicking-Stil und sonorer Stimme fast schon ein wenig an frühe Iron And Wine-Songs erinnert. Mit dem vergleichsweise stimmungsgeladenen und aufbrausenden Empty House findet ross. schließlich seinen finalen Akkord.
Vieles scheint hier aus einem Guss zu sein und vor allem mit Blick auf die Vorgängeralben wird auf ross. versucht, ein einheitlicheres musikalisches Bild zu zeichnen. Dies führt insbesondere dazu, dass Low Roar auf klangliche Experimente weitgehend verzichtet und stattdessen die folkigen Wurzeln des Projekts hier wieder in den Vordergrund rückt. Herausgekommen ist dabei ein wundervoll harmonisches Album, das vor allem durch seine akustisch geprägten und auf Klavierelemente gestützten Arrangements immer wieder in den Bann zieht. Am Ende bleibt jedoch immer auch das Gefühl, dass die einzelnen Songs nicht im Ohr hängen bleiben. Nichtsdestotrotz ist ross. ein gelungenes Album, das vor allem durch den Gesamtcharakter überzeugt.
Low Roar – ross.
VÖ: 8. November 2019, Tonequake Records
www.lowroarmusic.com
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