Nachdem die letzten Monate zumindest musikalisch eher verhalten verliefen, erwachen die spannendsten Acts der letzten Jahre diesen Monat gemeinsam mit neuen Alben aus dem Winterschlaf – und wir haben sogar noch diverse erwähnenswerte neue Platten unterschlagen müssen. Doch die Top 5 der Alben des Monats im Februar 2020 hat es eben in sich!
1. King Krule – Man Alive! (VÖ: 21. Februar 2020)
Der König ist zurück! Das britische Ausnahmetalent Archy Marshall hat mit seinen beiden King Krule-Alben und auch seinem sonstigen Schaffen schon für ordentlich Aufmerksamkeit gesorgt – und das wird auch mit seinem neuen Album, das dem Konsensalbum und Vorgänger The Ooz aus 2017 folgt, nicht anders sein! Gewachsen an seiner neuen Vaterschaft und die vorherigen Exzesse und Depressionen im Rückspiegel lässt er seinem einzigartigen Kompositions-Talent freien Lauf und versinkt vollständig in seinem Trademark-Sound. Das macht dann letztlich wieder einen ambitionierten Anwärter auf das Album des Jahres 2020!
2. Caribou – Suddenly (VÖ: 28. Februar 2020)
Ja, es gibt ein neues Caribou Album, es heisst Suddenly und wie bei früheren Caribou-Alben wurde Suddenly aus hunderten von Idee-Entwürfen (diesmal über 900) gewonnen. Suddenly ist dennoch das überraschendste und unberechenbarste Caribou Album geworden, das es je gab. Obwohl es diese gewohnt vertraute Wärme ausstrahlt, ist es durchgehend geprägt von Drehungen und Wendungen. Songs bauen sich auf und verwandeln sich in etwas ganz anderes, Samples, die bis zur Unkenntlichkeit zerhackt wurden, tauchen aus dem Nichts auf und zerfallen wieder in Einzelteile. War Our Love eine offenarmige Erforschung des Konzepts Liebe an sich und als Ausdruck der Dankbarkeit gegenüber seinen Fans, versucht Suddenly dieses Konzept quasi herunterzubrechen und es auf das wirkliche Leben und die Menschen, für die diese Liebe am meisten bedeutet, direkt anzuwenden.
3. Tame Impala – The Slow Rush (VÖ: 14. Februar 2020)
Auf dem vierten Studioalbum der australischen Kultband Tame Impala taucht Mastermind Kevin Parker tief ab in den Ozean der Zeit, beschwört das Gefühl eines ganzen Lebens für die Dauer eines Blitzschlags herauf und die Ereignisse, die vorüberziehen, während wir noch aufs Smartphone starren. Es ist eine Hymne auf Entstehen und Zerstörung im endlosen Kreislauf. Parker erzählte der New York Times dieses Jahr in einem Interview: “A lot of the songs carry this idea of time passing, of seeing your life flash before your eyes, being able to see clearly your life from this point onwards. I’m being swept by this notion of time passing. There’s something really intoxicating about it.” Leider fehlen dem Album an einigen Stellen die Hooks und die Songs wirken wie generisches Spotify-Material, das mühsam den Weg in die Welt fanden und obendrauf hat Parker auch noch seine sonstigen psychedelischen Anleihen glattgebügelt. Wir sind etwas enttäuscht, geben dem Album aber noch 3-4 Läufe lang eine Chance…
4. Soccer Mommy – color theory (VÖ: 28. Februar 2020)
Das neue Soccer Mommy-Album ist das Ergebnis einer hart erkämpften Katharsis, denn es widmet sich den anhaltenden psychischen und familiären Problemen, die die 22-jährige Künstlerin seit ihrer Pubertät prägen. Damit präsentiert sie dem Zuhörer ein kompromissloses, ehrliches Selbstportrait und erinnert uns daran, warum ihr von der Kritik gefeiertes Debütalbum sie zu einer Indie-Heldin so vieler HörerInnen gemacht hat: Schon darauf demonstrierte sie ihre differenzierte Herangehensweise an Texte und ein explizites Desinteresse daran, komplexe emotionale Welten in leicht verdauliche Melodien zu verwandeln. color theory ist in drei inhaltliche Abschnitte aufgeteilt – jeder steht für eine Farbe, die Sophie Allisons Stimmung widerspiegelt. Es beginnt mit Blau: eine Farbe, die eine gewisse Melancholie hervorruft und für Allison depressive Episoden und Erinnerungen an Selbstverletzung beleuchtet. Der nächste Abschnitt wird durch Gelb dargestellt, eine Farbe, die auf geistige und körperliche Krankheiten hinweist. Der finale Abschnitt, repräsentiert von Grau, widmet sich ganz direkt der Verlustangst.
5. Grimes – Miss Anthropocene (VÖ: 21. Februar 2020)
Nachdem die kanadische Gothic-Pop Produzentin und Sängerin Grimes schon lange auf ihren sozialen Profilen Soundschnipsel postet und den Nachfolger ihres 2015er Albums Art Angels teasert ist es im Februar soweit! Wilde Soundeskapaden treffen auf verwaschene Beats, düstere Kulissen und mitreißende Pop-Entwürfe, die alles nur nicht normal sein wollen.
Newcomer:
1. Franc Moody – Dream in Colour (VÖ: 28. Februar 2020)
Ein wahrhaftig klanglich farbenfrohes Spektakel! Das Debüt der Londoner Gang Franc Moody mitreißende Mischung aus groovigem Dancefloor-Pop und gefühlvollem Gesang und erinnert an Hall & Oates, Parcels, Tora, durchtanzte Nächte mit den besten Freunden, Discokugeln, Housepartys mit Crowdsurfen, Sommer, Sonne und noch viel mehr! Das Album beschäftigt sich auch damit, wie unser modernes Leben ständig zwischen der Online-und der Offlinewelt zu pendeln scheint; von der Welt in unseren Smartphones zu der, die wir jeden Tag mit unseren physiologischen Sinnen erleben. Was unterscheidet unsere emotionalen Erfahrungen wie Freundschaft, Liebe und Gemeinschaft online von denen, die wir im wahren Leben machen? Und nebenbei ist es auch einfach verdammt groovy, sorgt durchgängig für gute Laune und beschert uns ein wenig Sommerfeeling im grauen Februar!
2. Drama – Dance Without Me (VÖ: 14. Februar 2020)
Schon seit 2014 gibt es das Chicagoer Duo Drama, das sich nun in 2020 nach selbstveröffentlichten EPs und diversen Konzerten endlich aufmacht ihr Debütalbum Dance Without Me am 14. Februar via Ghostly International zu veröffentlichen! Die Zusammenarbeit von Produzent Na’el Shehade und Sängerin Via Rosa sorgt dabei für fließende Übergänge von R&B und tanzbarer Electronica, sowie von Herzschmerz zu Euphorie. So auch das Debütalbum, eine raffinierte Kollektion, welche eine romantische Tragödie in schimmernde Selbstakzeptanz umwandelt und das dieses Jahr auf jeden Fall für Aufsehen sorgen wird!
3. Brooke Bentham – Everyday Nothing (VÖ: 28. Februar 2020)
Brroke Bentham ist 23 Jahre alt und gehört in UK zu den spannendsten Songwriter-Newcomern derzeit. Ihre EPs schwelgten dabei im Sound von 90iger-Rock Bands wie Mazzy Star, Yo La Tengo oder aber der frühen Angel Olsen. Nun erweitert sie mit ihrem Debütalbum ihre Sound-Palette und reiht sich irgendwo zwischen Lucy Dacus, Phoebe Bridgers oder Snail Mail ein. Dabei ist das von Bill Ryder-Jones produzierte Album eine Art Coming-Of-Age-Werk, behandelt es doch die Suche der Londonerin nach Sinn und Ziel im Leben, während sie zwischen mehreren Jobs mit dem Ernst des Lebens konfrontiert wird. Sie selbst beschreibt Everyday Nothing als “in part an ode to the little moments in life, the frustration of being young and unaware of what you want, but getting older and realising you still don’t know. It’s an album I searched for myself in, filled with questions I asked myself.“