Foto-© Michael Lavine
Once you cried, said love songs
Are not the songs that you inspire
But when I look far down to the end
It’s you that I see by my side
And if you stayed to find out
I’d write you only love songs
I’d sing you only love songs
(Torres – Gracious Day)
Einer Person, die in ihrer Wortwahl so geschickt und redegewandt ist, um die Menschen in ihrem Umfeld mit Leichtigkeit zu überzeugen, wird oftmals der Begriff der Silver Tongue zugeschrieben. Mackenzie Scott, besser bekannt unter ihrem Alter-Ego Torres, hätte somit keinen besseren Titel für ihr viertes Studioalbum wählen können – hat die ursprünglich aus Nashville stammende Musikerin und mittlerweile Wahl-New Yorkerin die vergangenen Jahre doch immer fleißig der Musikwelt ihr hervorstechendes und einzigartiges Songwriting voller Innovation präsentiert.
Aufgenommen in den O’Deer Recording Studios in Brooklyn, produzierte Scott die neuen Songs erstmals komplett eigenständig und das Resultat ist ein Album, das genauso klingt, wie die Künstlerin es sich vorgestellt hat: “I made exactly the record I want, and it feels very ‘me’”.
Inhaltlich thematisiert Scott auf Silver Tongue die Höhen und Tiefen, die der Zustand des Verliebtseins und der Liebe mit sich bringen – mit Einblicken in Impulse der Begierde, über Eindrücke einer ersten Begegnung, hinzu den wunderschönen und doch zugleich manchmal beängstigenden Zuständen einer wahren zwischenmenschlichen Beziehung. So stellt sich die Musikerin immer wieder die Frage, was Verliebtheit eigentlich bedeuten kann und veranschaulicht dies direkt im Opener Good Scare – berauschende Gitarren und schwirrende Synthies unterstützen hier den Mut einer Person, die bereit ist, den Traumpartner für sich zu überzeugen: “When you said you couldn’t swing it, you gave me a good scare for a minute there / I had never seen that look from you before / You were eyeing all the exits”.
Das in das gesamte Album verwobene Motiv der Liebe kommt besonders deutlich in dem Stück Gracious Day zum Ausdruck – als womöglich das direkteste Liebeslied, das Scott jemals geschrieben hat, erklingt die Stimme der Musikerin hier beinahe wie nicht von dieser Welt: “Gracious Day / You Moved in like a wave of quiet grace / No suprise / Honey, I’m gonna love you all my life”. Ein schwebender Hall legt sich über den Gesang und das gedoppelte Fingerpicking der Akusitkgitarre. Scott erklärt weiterhin den sehr intimen Ursprung des Songs – “My girlfriend was trying to leave me. I basically wrote this song for her from the valley of the shadow of death, desperate that she might give me another chance – it worked.“
Die musikalische Grundstimmung auf Silver Tongue eröffnet eine weite und zeitlose Klangwelt. Hier wechseln sich raumeinnehmende Synthies mit einer gewissenen wunderschönen Gebrechlichkeit ab (Two of Everything). An anderer Stelle brechen die aufheulenden Gitarren wieder aus (Last Forest) und lassen die dem Album – trotz der Liebe zugewandten inhaltlich Thematik – gewisse innewohnende Wucht erahnen. Scott findet hier einen beeindruckenden Weg, um Emotionen, Eindrücke und Erlebnisse ihrer Umwelt und ihr nahestehender Personen zu verarbeiten – das Resultat ist ein mehr als gelungener Balanceakt zwischen persönlicher Reflektion und vorausschauender Weiterentwicklung.
Torres – Silver Tongue
VÖ: 31. Januar 2020, Merge Records
https://torrestorrestorres.bandcamp.com
www.facebook.com/TORRESMUSICOFFICIAL
Torres Tour:
09.03.2020 Turmzimmer, Hamburg
11.03.2020 Kantine am Berghain, Berlin
12.03.2020 Karlstorbahnhof, Heidelberg