Foto-© Shervin Lainez
But we don’t have to suffer, you and I
We don’t have to wade in the trenches every night
We don’t have to follow in a line
We don’t have to wait in the shadows for the sunshine
(Son Little – suffer)
Son Little alias Aaron Earl Livingston, geboren in Los Angeles, Kalifornien, durchstreifte schon als Kind die Staaten. Mehr oder weniger unfreiwillig. Seine Eltern, ein Pastor und eine Lehrerin zog es nach New Jersey, Louisina, New York City und Philadelphia.
Sobald man das weiß, wird einem einiges klar: Son Little bewegt sich nämlich virtous in alle Richtungen, als habe er Mentalitäten, Sounds und Styles aufgesogen und sich geschworen ihnen allen eine Bühne zu geben. Sein Musikstil bewegt sich zwischen Soul, Blues, R&B, Jazz, Hip-Hop und Garage Rock. Er nennt diese Mixtur Future Soul – und den hat er. Inspiriation findet er bei den Großen aller Musikrichtungen: Marvin Gaye, John Coltrane, Stevie Wonder, Paul McCartney, den Beatles, der Wu-Tang Clan, Kendrick Lamar, Grizzly Bear uvm. Diese Liste stammt von Wikipedia und war wohl selten länger.
Seine letzten zwei Studio-Alben bezeugen es: Son Little von 2015 schreddert Synthesizer durch die Boxen und haucht einen immensen Hall in Aarons Stimme. Es bewegt sich gekonnt in alle Richtungen, denn es galt etwas auszudrücken und sich der bestmöglichen Ausdrucksweise zu bedienen. Der Content schreibt es vor. Mal werden die Beatles zurate gezogen, mal Miles Davis. Levingston hat alle Stile zur Auswahl wie ein Film Editor, der den Ton für die Bilder wählt. In New Magic hält er das Niveau und gab der Gitarre größere Aufmerksamkeit, dem Inhalt entsprechend. Dabei achtete er stets auf einen reduzierten Stil und fand stets die Essenz, ohne mit Instrumenten um sich zu werfen.
So auch bei seinem dritten Werk: aloha: Son Little bringt die Instrumentalisierung auf ein Minimum, wie es selten versucht wurde, ohne dabei den Soul zu verlieren. Oft fühlt man sich angenehm an 2001 von Dr. Dre erinnert und von diesem scheint er sich auch inspirieren lassen zu haben. Klar, die Punshlines fehlen, aber die braucht es hier nicht, denn hier geht es entspannt zu. That’s the way: Tiefeste Bassline, atmosphärische Pads, die mit der Stimme verschmelzen, um dann im Compressor klar und frisch hervorzutreten. Das Album schickt die ersten drei Tracks als Vorhut, bis es die wahren Schmuckstücke raushaut – beginnend mit suffer. Bei allen Songs sucht man vergeblich nach einer Schwachstelle, einem schlecht abgemischten Fehltritt oder an einer falschen Entscheidung des Editors. Hier stimmt der Beat, die Stimme, der Background.
Eines verwundert dann doch: Son Little haut sein Album gefühlt zu früh raus. Es hat das Potenzial für einen weiteren Hitzesommer, denn es coolt runter, hält die Frische um die Ohren und macht daher umso mehr Vorfreude auf die wärmere Zeit. Doch vielleicht brauchen wir die auch nicht zwingend – „We don’t have to wait in the shadows for the sunshine, we don’t have to suffer“ – wir können stets in die Sonne treten, entscheiden, wieviel Licht wir reinlassen. Auf dem Album-Cover rast Livingston mit seinem Bike hinter warmen Orange, das an Abendsonne erinnert, genau wie sein Sound.
Dieses Ding hat wirklich alles in sich und zitiert gekonnt wirklich jede Musikrichtung. Was für ein großartiges Album. Nur Meister ihres Fachs können so viel erzählen und dabei so wenig Werkzeuge einsetzen. Es geht immer um die Essenz und die findet ihr hier. Ganz groß, Son Little.
Son Little – aloha
VÖ: 31. Januar 2020, Anti-Records
www.sonlittle.com
www.facebook.com/SonLittleMusic