Im gedimmten Licht der Columbiahalle mitten in der Masse herumstehen statt sich bei Kerzenschein etwas Zweisamkeit zu geben – so sieht also der Valentinstag 2020 aus. Dazu läuft Frank Sinatras I Love You Baby und die Leute grölen mit. Denn es ist der Song kurz bevor The Strokes auf die Bühne kommen. Der Bock auf The Strokes ist groß, der Alkoholpegel hoch. Dann dingelt sich plötzlich ein Gitarrenriff noch höher und schon ist man voll in Heart in a Cage hineingepogt worden. Da steht tatsächlich Julian Casablancas und krümmt sich bei jeder Silbe dieses Brechers vom 2006er Album First Impressions of Earth.
Ist der Reality Check erst mal geschafft – ja ja, das ist die Band, die sich schon seit bald sieben Jahren so mächtig rar gemacht hat und die macht da gerade diesen Frontalangriff – dann kann der Körper ganz übernehmen. Erst ein bisschen in die Knie gehen, danach die Schultern ein kleinwenig exaltierter nach links und rechts bewegen, die Arme Luft holen lassen und schließlich einfach nur repetitiv springen. Das scheint bei diesem rund einstündigen Best-of-Set nur angebracht. Außerdem kann jedes Ü-30-jährige Pärchen bei Last Nite oder auch Reptilia und Juicebox gucken, ob sie es noch schaffen, den Indie-Beat wippend zu halten und auch dabei nicht allzu viel Bier (stilecht an den Vorderzähnen festgeklemmt) zu verschütten. Die Euphorie ist immens, das kollektive Ausatmen nach ewig langer Stille ohne die Musik der Garage-Guys umso länger und losgelöster.
Albert Hammond Jr. bleibt immer weit vorn am Bühnenrand und kann gar nicht aufhören in die Menge zu grinsen. Er wechselt sich mit Nick Valensi bei der Lead- und Rhythmusgitarre derart gekonnt ab, dass es oft unklar ist, wer hier gerade was macht. Die beiden wirken extrem gut eingespielt, sie geben den Stücken live eine neue Dringlichkeit. Casblancas übernimmt dafür den Part des unberechenbaren Entertainers. Mit hochgeschlagenem Kragen singt er sich mal mit dem Rücken zum Raum durch die Oldies, dann bewegt er sich wieder von der Stage herunter – mitten ins Publikum hinein, welches er bittet, ihm „die Scheiße aus dem Leib zu prügeln“. Dennoch tanzt die Menge den Sänger eher überfreundlich an. Ganz so wie jemanden, den man halt schon lange nicht mehr gesehen hat. Es gibt Klopfer auf die Schulter, halbe Umarmungen, vielsagende, strahlende Gesichter.
Stress will hier wirklich keiner, dafür war im Vorhinein die Sorge zu stark, die Strokes würden sich nach der Platte Comedown Machine (2013) nicht noch mal zusammenraufen. Oder zumindest nicht live so dermaßen glatt, schwungvoll motiviert und unterhaltsam wie an diesem Freitagabend abliefern.