Foto Credit © Lisa Businovski
He’s a self-made man
Standing on our hands
He made his fortune off a smart idea
A bit of luck and a lack of fear
He got a leg up from his daddy but
Compared to all his friends it weren’t that much
He didn’t string the powerlines
Or pave the roads
Build all the hospitals
Or bail the banks’ loans
But he’s got no one else to thank
So he puts all his profits in an offshore bank
(Cable Ties – Self-Made Man)
Das australische Punk-Trio Cable Ties wurde von Sängerin, Gitarristin und Songschreiberin Jenny McKechnie als Ventil für ihre persönliche und politische Wut gegründet. Die Herangehensweise an Punk basierte von Anfang an vor allem auf lauter, schneller Aggression. Die Band verknüpfte diese aber mit längeren und melodischen Arrangements, sodass die Songs im besten Falle wie ein Energieschub funktionieren. Der knallharte Post-Punk der ersten Platte war nicht immer leicht zu hören, aber vielversprechend. Auf ihrem zweiten Album Far Enough, das am 27. März bei Merge Records erschien, hört man immer noch diese Wut heraus. Aber es gibt auch ruhige und nachdenkliche Momente, die eine tiefere emotionale Palette als gerechte Empörung offenbaren. Dabei überzeugen die Songs mit einer musikalischen Tiefe, die über das oft schnell brennende Feuerwerk des Punks hinausgeht. Mit Far Enough wird der Sound breiter, vielseitiger und selbstbewusster. Dabei werfen die drei MusikerInnen aus Melbourne eine gute Portion Garagenrock in den Mix, bedienen sich aber auch bei Genres wie Boogie und Krautrock.
Mit dem Opener Hope startet die Platte eher träge. Der Sechsminüter schleppt sich so dahin, es fällt schwer, dabei zu bleiben. Zum Glück folgt die 2018er Single Tell Them Where to Go, die mit einer riesigen Basslinie und einem pumpenden Refrain weitaus befriedigender ist. Überhaupt ist der Bass von Nick Brown ein Highlight der Platte. Ob verzerrt summend oder mit fröhlich-lebendigen Riffs, er hält die Musik in Bewegung — besonders wichtig für eine Band, die oft nicht weiß, wann sie besser aufhören sollte. Immerhin sind die acht Songs des Albums stolze 43 Minuten lang. Besonders gut zu hören bei Lani, das Stück geht über sieben Minuten und wird oft nur von Browns Bass getrieben, dessen Riffs die treibende Energie ausmachen, aufgrund derer der Song im Gedächtnis bleibt. Aber dafür hätten auch drei Minuten gereicht. Sandcastles, eigentlich eine selbstbewusste und hymnische Single, ist ein Track, die im Ohr bleibt und seine Energiegeladenheit auf die HörerInnen übertragen kann. Trotzdem zeigt sich auch hier die Tendenz der Band, eine gute musikalische Idee ein bisschen zu oft zu wiederholen. Das explosive und sehr grobe Anger’s Not Enough ist nicht nur laut, sondern lärmend und lässt kurz vor Ende der Platte eher unmotiviert zurück. Wie gut Cable Ties mit mehr Fokus klingen können, zeigen jedoch die Tracks Self-Made Man und Not My Story, ein Indie-Punk-Song, voller lautem Gesang, treibenden Gitarren, der schnell, lustig und auf den Punkt gebracht ist.
Insgesamt ist Far Enough eine Platte, die Spaß macht. Oft gehen jedoch die interessanten Ansätze aufgrund der vielen Stilwechsel und der gleichzeitigen (unnötigen) Überlänge einiger Tracks etwas unter. McKechnies kraftvoller Gesang treibt die Lieder an, die Kapitalismus, Frauenfeindlichkeit in der männlich dominierten Musikszene und die Hässlichkeit von Gier konfrontativ thematisieren, nur leider kriegt man davon oft nicht viel mit. Trotzdem sind Songs wie Tell Them Where To Go oder Not My Story echte Highlights, für die es sich lohnt, durchzuhalten. Cable Ties haben mit Far Enough ein spannendes Album vorgelegt, in dem es eine interessante Weiterentwicklung zur Vorgängerplatte gibt. Wir sind gespannt auf mehr und erfreuen uns an treibenden Basslinien und einer Energieinfusion in einer oft energieraubenden Zeit.
Cable Ties – Far Enough
VÖ: 27.03.2020, Merge Records
https://cableties.bandcamp.com
https://www.facebook.com/cableties1