DIE FARBE AUS DEM ALL – Filmkritik

It’s just a color – but it burns.

(Ezra – Die Farbe aus dem All)

Frisch im Landleben angekommen, überbieten sich die Mitglieder der Gardner Familie gegenseitig in Exzentrik. Vater Nathan (Nicolas Cage) ist überzeugt, dass Alpakas die Nutztiere der Zukunft sind und setzt bei der Übernahme der abgelegenen Farm, die früher seinen Eltern gehörte, voll auf die Zucht eben dieser. Die an Krebs erkrankte Mutter Theresa (Joely Richardson, die schon im Zombie Geheimtipp Maggie (2015), die fürsorgliche Mutter spielte) verkriecht sich auf dem Dachboden und flucht über die schlechte Internetverbindung, die es ihr unmöglich macht ihre Klienten aus dem Farm Office heraus anständig in ihren Investmententscheidungen zu beraten. Tochter Lavinia (Madeleine Arthur) hat sich der Hexerei verschrieben, der ältere Sohn Benny (Brendan Meyer) kifft ununterbrochen und der jüngste Sohn Jack (Julian Hilliard) ist überraschend normal. Zu allem Überfluss sind sie, bis auf den dauerbekifften Verschwörungstheoretiker Ezra (sehr passend besetzt mit dem Comedian Tommy Chong) der ebenfalls auf ihren Ländereien lebt, völlig von der Außenwelt abgeschottet. Trotz der beschriebenen Herausforderungen rauft sich die Familie jedoch immer wieder zusammen und bewältigt den für sie neuen Alltag des abgeschiedenen Farmlebens recht gut. Als jedoch ein merkwürdig leuchtender Meteorit direkt in ihrem Vorgarten niedergeht, wird ihnen die Abgeschiedenheit schmerzlich bewusst und zum Verhängnis. Denn ausgerecht der bisher ausgeglichene Jack beginnt sich extrem merkwürdig zu verhalten…und das ist nur der Anfang.

Regisseur Richard Stanley ist manchen vielleicht noch von den Horrorfilmen M.A.R.K. 13 (1990) oder Dust Devil (1993) in Erinnerung. Berühmt, vor allem aber berüchtigt, ist er aber hauptsächlich durch sein Mitwirken an der Trash Perle The Island of Dr. Moreau (1996). Ein Film, dessen Dreh trotz einer vorangegangenen Konsultation mit einem britischen Warlock so schlimm verlief, dass ein völlig verzweifelter Richard Stanley den Gerüchten zufolge auf einen Baum kletterte und nicht wieder herunterkommen wollte. Vier Jahre Vorbereitung und bereits nach vier Tagen wurde er gefeuert und soll danach als Statist in Mutanten-Makeup weiter am Set herumgelungert haben. Zwei Jahrzehnte würde es dauern bis er nun wieder die Chance bekommt einen Horrorfilm zu drehen. Interessierten sei hier die Doku Lost Soul (2014) von David Gregory ans Herz gelegt, welche die Hintergründe zu dem verfluchten Dreh detailliert aufarbeitet. Was dies konkret mit Die Farbe aus dem All zu tun hat? Hauptdarsteller Nicolas Cage ist ja bekannt dafür etwas exzentrisch zu sein und dreht die Performance auch in seinen Filmen gerne mal auf 13. In diesem Fall hatte er einen Regisseur an seiner Seite, der ihm da in nichts nachsteht und sogar zur Cage Rage ermutigt. Wer, wenn nicht ein Duo von Verrückten, ist geradezu prädestiniert den Wahnsinn von H. P. Lovecraft auf die Leinwand zu bringen?

Dennoch ist der größte Kritikpunkt an dem Film, dass die Charaktere, allen voran der Alpaka melkende Nicolas Cage, schon vor Einschlag des Meteors recht abgedreht sind. Dies war jedoch nötig um die Fallhöhe für den Wahnsinn, der noch kommt zu reduzieren. In Summe ist der Film nicht so düster wie die Vorlage, dabei jedoch kein Stück weniger abgefahren, furchteinflößend und aussichtslos. Sowohl inhaltlich als auch inszenatorisch wurde das Lovecraft Original erweitert und modernisiert. Vom ausgehenden 19. Jahrhundert in die Jetztzeit transferiert und von zwei auf eine Erzählebene reduziert, überrascht dabei, dass die Kurzgeschichte problemlos 111 Minute füllt und dabei keine Sekunde langweilig ist. Bei einem Budget von „nur“ 6 Millionen USD überraschen und begeistern die Effekte. Es wird mehr gezeigt als erwartet, aber wie bei einer Lovecraft Geschichte geboten eben nicht alles. Neben viel grell leuchtenden Neonfarben, wecken die Effekte dabei wohlige Erinnerungen an handgemachtes aus John Carpenters The Thing. Wie auch in The Thing gibt es dabei durchaus einige wenige Gewaltspitzen, diese kommen selten, wirken dafür aber umso intensiver.

An eben jenes Werk, was ja durchaus Lovecraft Anleihen bietet, kommt Die Farbe aus dem All zwar nicht heran, wird aber Fans von diesem, ebenso wie reine Lovecraft Fans begeistern. Der Film reiht sich hier in die gelungeneren Adaptionen wie den ebenfalls von Carpenter gedrehten Into the Mouth of Madness (1994), Re-Animator (1985) oder jüngst Mandy (2018) ein. Mit letzterem teilt er sich neben Hauptdarsteller Cage und einem herrlich träumerischen Soundtrack sogar einen Teil des Produzenten-Teams. Unter anderem Elijah Wood, den die meisten wohl eher als Frodo aus Herr der Ringe kennen. Die Farbe aus dem All ist dabei trotz der auch im Marketing hervorgehobenen Parallelen zu Mandy wesentlich zugänglicher als der abgefahrene Drogenritt. Denn im Kern ist die Geschichte recht direkt und der Wahnsinn findet größtenteils recht nachvollziehbar und vor allem physisch sichtbar statt. Obwohl weder die Lovecraft Thematik an sich noch diese Story im speziellen (bereits zum fünften Mal wird der Stoff verfilmt) komplett neu sind, fühlt sich der Film dabei absolut frisch an. Auch mit bekannten Zutaten lassen sich eben neue Gerichte zaubern. Manchmal muss man eben nur Kuhmilch durch das entsprechende Alpaka Äquivalent ersetzen. Wer filmhistorisch interessiert ist, großer Lovecraft Fan ist oder schlicht etwas mehr Zeit zu Hause hat, und das haben momentan ja viele, der sollte über die Anschaffung der Ultimate Edition nachdenken. Von den erwähnten fünf weiteren Verfilmungen kriegt ihr hier drei direkt mitgeliefert. Im Einzelnen sind diese Das Grauen auf Schloss Witley (1965), The Curse (1987) und den sehr sehenswerten deutschen (!) Die Farbe (2010). Zusätzlich erhaltet ihr für knapp 90,- Euro den Hauptfilm auf UHD und regulärer Blu-Ray, jeder Menge Bonus Material, ein paar Filmkarten, Poster und den Soundtrack. Das perfekte Set-Up um sich wahlweise dem Wahnsinn hinzugeben…oder zu entziehen alles, eine Frage der Perspektive.

Color Out of Space (US 2019)
Regie: Richard Stanley
Cast: Nicolas Cage, Joely Richardson, Madeleine Arthur, Elliot Knight, Tommy Chong, Brendan Meyer, Julian Hilliard
Heimkino VÖ: 30. April 2020, Koch Films

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Malte Triesch

Malte wuchs im idyllischen Lilienthal, direkt an der Grenze zu Bremen, der schönsten Stadt im Norden Deutschlands, auf. Seine frühesten Film-Erinnerungen ist, auf dem Schulhof in der neusten TV Movie alles anzustreichen was gesehen und aufgenommen werden muss. Da die Auswahl an Horrorfilmen hier doch recht be- oder zumindest stark geschnitten war entdeckte er Videotheken für sich bzw. seine Mutter, da man diese ja erst ab 18 betreten durfte. Wenn er nicht gerade Filmreviews schreibt ist er wahrscheinlich im (Heim-)Kino oder vor dem Mikrophon für den OV Sneak Podcasts, SneakyMonday.

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