Foto-© Jonathan Vivas Kiise
I could have been a writer
But they tricked me into joining a reality show
I could have been a lawyer
I was gonna be a father
But they tricked me into joining a reality show
I thought I was special
I could have been a dancer
But I ended up having sex on television
(Great News – Reality Show)
Das norwegische Trio Great News bekam bereits für ihr 2018 erschienenes Debüt Wonderfault viel Lob und Anerkennung – und das völlig zu Recht. Mit einem mitreißendem Mix aus Indie-Rock, Synth-Pop, Shoegaze-Elementen, frenetischen Melodien und wachen Rhythmen sind die Newcomer jetzt schon ein international gefeierter Act. Mit Daze-Pop umreißen die drei ihre Musik selbst und das trifft ziemlich den Kern ihres Sounds. Hier trifft der frühe Sound von MGMT auf Tame Impala mit einem Touch von The Strokes, versehen mit einer Prise jugendlicher Unbeschwertheit. Das jüngst erschienene Now And Them setzt die musikalische Reise der Norweger fort und liefert auf zwölf Songs satte melodische Extravaganz, gepaart mit rockigen Bausteinen und Synth-verliebten Klanglandschaften.
Ein beeindruckende Atmosphäre rauscht uns förmlich aus dem Intro entgegen und mündet nach einer knappen Minute in das energische Never Going Back. Zunächst blitzen psychedelische Elemente à la Tame Impala durch das Stück, bevor dann im Chorus die ganze Schwerkraft gitarren- und rhythmusgetriebener Euphorie über uns hereinbricht. Dieser Ausbruch ist dann auch nicht nur musikalisch zu deuten, auch auf der lyrischen Ebene gleicht das Geschehen einem inneren Orkan: „I see your face when I close my eyes / Feels like I’m going to lose my mind”. Hier singt die Stimme eines gebrochenen Herzens über die Frustration, einen geliebten Menschen nicht aus dem Kopf zu bekommen. Dass es auf Now And Them vordergründig um verflossene Liebesbeziehungen geht, äußert sich auch an einigen anderen Stellen. Leadsänger und Gitarrist Even Kjelby fasst das wie folgt zusammen: “Now And Them is me thinking of the people that once were a big part of my life and that I all of a sudden lost contact with. You never know, or at least you very seldom know when is the last time you will kiss or hug you boy or girlfriend, and sometimes it’s very hard to think back on that last time. After a while though, most former relationships will leave you with the good times, not the bad ones.”
Aus der Verlusterfahrung heraus erschaffen Great News jedoch Songs, die keineswegs nach Lethargie, sondern nach belebender Euphorie und Freude an der Musik klingen. Greedy Little Things pusht mit Gitarren-Riffs nach vorne, die selbst die goldene Zeit der 2000er neidisch macht. Melodisch, frenetisch, wenngleich von seiner poppigen Songstruktur nicht ganz unvorhersehbar, kreieren die Norweger hier tanzbare Clubmusik, die mitreißend ist und Spaß macht. Etwas melancholischer, von sphärischen Synths eingeleitet und untermalt, kommt Reality Show daher, steigert sich von Sekunde zu Sekunde und bricht sich schließlich im Chorus Bahn zu einem mächtigen Synth-Rock-Klangbildnis. Stranger In The Hallway treibt dies noch auf die Spitze: Synthie-Arpeggios läuten den Song ein, bevor das träumerische Falsetto von Kjelby, gerahmt von sphärischer Instrumentierung, die flüchtige Natur der Liebe besingt: „Love is a stranger in the hallway“. Atmosphärisch bleibt es indessen weiter, auch gegen Ende der Platte, wo der ausbruchshafte Rockrausch der ersten Stücke sich ein wenig abnutzt und mehr getrageneren Songs weicht. Ein Highlight ist hier auch der Schlusstrack It Stays The Same, der vor Harmonie und Weichheit nur so dahinfließt.
Die Norweger bedienen sich auch auf ihrem Zweitwerk munter an ihren musikalischen Vorbildern – phasenweise klingt das nach verspielten 80s-Reminiszenzen, aber auch mehr neo-psychedelische und klassische Indie-Rock-Elemente kommen nicht zu kurz. Authentisch bleibt der Sound des Dreigespanns dabei trotzdem durchweg und Spaß macht die Musik allemal. Und diesen Spagat soll ihnen erstmal jemand nachmachen.
Great News – Now And Them
VÖ: 17. April 2020, Eget Selskap
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