HANIA RANI – Home

Foto © Marta Kacprzak

Die polnische Pianistin, Komponistin und Klangkünstlerin Hania Rani ist seit ihrem mehrfach ausgezeichneten Solo-Debut Esja keine Unbekannte mehr. Nun legt sie mit ihrem Zweitwerk Home bei Gondwana Records nach. Auf dem Manchester Label versammeln sich Bands wie Mammal Hands, Portico Quartet und GoGo Penguin, die seit einigen Jahren für eine neue Generation von Grenzgängern zwischen Jazz, Neo-Klassik und Ambient stehen.
Dass Rani sich nun auch weiter in diese Gefilde bewegt, zeigt die Entwicklung seit ihrem letzten Album. Nach Esja, ihrem Solo-Piano Album hätte man Rani sicherlich eher in eine Richtung verortet, in der der frühe Nils Frahm, Lambert oder Federico Albanese zu Hause sind.

Home zeigt nun jedoch, dass Rani, wie sie selbst auch postuliert, keine Genres kennt und sich wie eine Reisende fortentwickeln will. Dieses Bild macht sie auch zum Thema des Albums: „Man kann verloren sein – aber doch dieses Zuhause in seinem Inneren finden, was wiederum vieles bedeuten kann (…). Ich glaube fest daran, dass man selbst in ungewissen Zeiten, selbst wenn das Leben unruhig verläuft, diesen Frieden in sich finden kann… und man so überall in der Welt ‘zu Hause’ sein kann.

Nur selten finden sich zwischen den 13 Tracks auch die typischen Pattern-lastigen Solo-Klavierstücke wie F Major oder Letter to Glass wieder, die sie selbst auch als Tribut an das vorige Album sieht. Ergänzt wird das Spektrum diesmal von Synthesizern, einer Rhythmusgruppe (Bass & Percussion) und Gesang. Der Titeltrack Home beispielsweise verbindet all dies. Ranis hohe klare Stimme, trifft auf high-tempo Schlagzeug, flächiges Piano und einen wummernden Bass. Klänge verschwimmen und legen sich übereinander. So entsteht Musik zum abdriften, genauso aber zum aufmerksam hinhören.
Die Entscheidung die Stimme zu integrieren traf Rani aus pragmatischen Gründen: „Wenn ich nicht so oft alleine auf einer Bühne sitzen würde, hätte ich vielleicht ein anderes Instrument gewählt“. Denkt man an Künstler*innen mit ähnlichem Sound fällt auf, dass Stimme so gut wie nie genutzt wird. Es ist eine große Herausforderung in diese cineastischen, rhythmisch gefütterten Klangflächen auch noch eine Stimme zu integrieren.

Rani gelingt dies zweitweise gut, da sie ihre Stimme nur gezielt einsetzt und es gelingt vor allem dann, wenn sie den restlichen Klang zurückfährt. An anderen Stellen jedoch wäre weniger mehr. Die emotional schon sehr schwere Musik hat nicht immer auch noch Platz für dominante Gesangspattern und verliert dadurch immer wieder ihren kraftvollen Zauber. Dass Rani in der Lage ist diesen heraufzubeschwören, beweist sie nicht zuletzt mit Tennen, einem Stück über die natürliche Kraft der Dinge.

Home ist ein Album, an dem man sich abarbeiten kann, wenn man sich denn zwischen Neo-Klassik, Jazz und Ambient zu Hause fühlt. Der Zauber entsteht und verfliegt wieder zwischen den Stücken. Fest steht aber auch, dass Hania Rani damit einen bemerkenswerten Beitrag leistet diese Musik fortzuschreiben und dabei ist ihren eigenen Umgang mit bzw. ohne Genregrenzen zu entwickeln.

Hania Rani – Home
VÖ: 15. Mai 2020, Gondwana Records
http://haniarani.com
https://www.facebook.com/haniaranimusic/

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Christian Weining

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