Foto-© Andreas Neumann
A flower
Field with murder
Cold in the daylight
Learning at night
She’s creased
Yet, she whispers
Her bones are made of linger
(Jehnny Beth – Flower)
Bei dem Namen Jehnny Beth sollte es bei einigen schon in den Ohren klingeln. Denn 2006 war Camille Berthomier, wie die französische Sängerin mit bürgerlichem Namen heißt, Teil des Duos John & Jehn und konnte schon 2011, als Mitglied der zweifach Mercury-Prize nominierten Postpunk-Band Savages, erste Erfolge erlangen. Seit 2016 ist es allerdings still um Savages geworden, kein Grund aber für Beth die Füße still zu halten.
Sie tüftelte lieber in Los Angeles, London und Paris an ihrem ersten Soloprojekt. Unterstützung bekam sie dabei von den Produzenten Flood, der unter anderem mit Depeche Mode, Thirty Seconds to Mars und U2 gearbeitet hat, Atticus Ross, der mit Trent Reznor für die Musik für den Film The Social Network verantwortlich ist und ihrem langjährigen Kollaborateur Johnny Hostile. Das Ergebnis erschien am 12. Juni in Form ihres Solo-Debüts To Love Is To Live.
Die Platte erforscht die Tiefen ihres kreativen Schaffens und widmet sich den Tücken, die das Leben zu bieten hat. Den Ursprung ihrer Ideen sieht sie selbst in der Nacht als David Bowie starb – ein einschneidendes Erlebnis für die Musikerin, das ihr Bewusstsein für die Vergänglichkeit des Lebens schärfte.
Ihren Opener I Am eröffnet sie daher auch mit den Worten “I am naked all the time”, der die Gefühle der Singer-Songwriterin während der Entstehungsphase der Platte beschreibt, wenn man sich und sein Innerstes vor der ganzen Welt entblößt. Der Song bringt, so wie die gesamte Platte, ihre dunkelsten Gedanken zum Vorschein, mit der Gewissheit, das einmal Gesagte nicht rückgängig machen zu können. Mit I’m The Man stellt sie sich der Untergrabung der Machtverhältnisse gegenüber, während sie im Song Flower die zarten Seiten der Sexualität erläutert. Starke Instrumentierung kommt plötzlich im Song The Rooms zum Vorschein, der der Musikerin musikalisch, aber auch lyrisch, eine Verletzlichkeit zuspricht. Bei ihrem Werk ließ sie sich selbst alle Freiheiten und lud sogar alte Freunde aus der Jazz-Community ein, um ihre Kompositionen mit improvisatorischen Elementen zu unterlegen. Aber auch weitere Gastauftritte von Romy Madley Croft von The xx, Joe Talbot von den IDLES und sogar einen Monolog des Schauspielers Cillian Murphy der Serie Peaky Blinders bekommt man zu hören.
Damit wird ihr Album zu einer Art Schleier, der nicht nur immer wieder neue Facetten aus Jehnny Beths eigener Seele enthüllt, sondern sehr viel mehr über das Leben preisgibt. Das Album ist nicht aus einer Laune entstanden, sondern kann viel mehr als ein kleines Stück von etwas Ganzen betrachtet werden. Sie bezieht sich dabei auf einen tieferen Sinn im Leben und macht einem auf eindrucksvolle Art und Weise klar: Wenn du es heute nicht tust, könnte es morgen schon zu spät sein.
Jehnny Beth – To Love Is To Live
VÖ: 12. Juni 2020, Caroline International
www.jehnnybeth.com
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