Fontaines D.C. – A HERO’S DEATH


Foto-© Pooneh Ghana

I don’t belong to anyone
I don’t belong to anyone
I don’t belong to anyone
I don’t want to belong to anyone

(Fontaines D.C. – I Don’t Belong)

Die Dubliner Band Fontaines D.C. hat bereits jetzt, mit dem zweiten Album A Hero’s Death einen Ausdruck gefunden, der sich schnell und flirrend in den Gehörgang brennt und den Anspruch der Formation um Frontmann Grian Chatten in den Grund meißelt auf dem sie stehen. „I don’t belong to anyone / I don’t want to belong to anyone“, gräbt sich die mit Angst und doch Überzeugung gefüllte Stimme des Sängers durch den Chorus des Openers I Don’t Belong und man kann in dem Statement gleich den Ton erahnen, den der irische Post-Punk-Act anschlägt, nur ein Jahr nach Veröffentlichung des gefeierten Debütalbums Dogrel. Wurde dort etwa noch „My childhood was small / But I’m gonna be big!“ proklamiert, kehrt sich die Blickrichtung dieser Platte nach innen: der Sound ist empfindlicher, die Texte nachdenklicher und der Ton einer, der nicht weniger erreichen will, als den Sturz des selbst gesetzten Denkmals, wenn man so will. Und auf A Hero’s Death kann man genussvoll dabei zuhören, wie diese Selbstdemontage eindrucksvoll die eigene Fassade demoliert, um dann nach außen zu kehren, was darunter verborgen war. 

Dem fiebrigen und zugleich abgeklärten I Don’t Belong folgt das nicht minder verletzliche Love Is The Main Thing, das mit einer ähnlich rhythmischen Monotonie aus engen Bass- und Drumlinien einen Sog erzeugt, der gerade durch die tiefe und fast ereignisarme Stimme Chattens seine charakteristische dunkle Tiefe gewinnt. Wie auch schon im ersten Track ist eine ermüdete Verzweiflung hier mit Händen zu greifen, aber ausgeführt mit einer solchen ästhetischen Präzision, dass der besungene Schmerz selbst („Tired of embracing / Using and wasting“) schön wirkt, und ergreifend sowieso. Das folgende Televised Mind lässt sich, wie auch einige andere Songs, bis vor die Veröffentlichung von Dogrel datieren und lässt zunächst einen Bass- und gitarrenlastigen Strom das Fundament des Songs gießen, der hypnotische Gesangspart trägt seinen Teil dazu bei, tritt aber hinter dem elektrischen Rauschen immer wieder angenehm zurück. A Hero’s Death, zunächst mit kraftvollem Drum-Intro und einem ganz untypischen Falsetto-Gesang eröffnet, wiederholt zu Beginn mantra-artig die bejahende Phrase „Life ain’t always empty“ und proklamiert in einem energischen Flow ein positives Gefühl zu den Herausforderungen des Lebens: „Don’t give up too quick / You only get one line / you better make it stick“. Im Vorfeld hatte die Band verlauten lassen, dass man sich auf diesem Album unter anderem neben Leonard Cohen und Beach House von den Beach Boys habe inspirieren lassen. Das mag bei den übrigen Songs etwas unter gehen, die gesummten Parts in der letzten Minute des Tracks bilden da aber eine Ausnahme, was wiederum die Vielschichtigkeit des Titelsongs zum Ausdruck bringt. Living In America zieht sich dann wie ein Gewittersturm über die dann doch zuvor angedeutete gelöste Atmosphäre, Sunny zieht dieses Tempo dann erneut sachte herunter und ist fast etwas einlullend, auf eine besondere Art. Das balladeske No zieht schließlich die finale Kurve in das Werk. „Even though you don’t know / You feel, you feel“. Passender könnte A Hero’s Death nicht enden. 

Die zweite Veröffentlichung von Fontaines D.C. entstand teilweise direkt als Antwort auf den Erfolg des Erstlings Dogrel und vielleicht ist es diesem Zustand geschuldet, dass die Band in einem solch frühen Stadium die Notwendigkeit gesehen hat, die Schichten des eigenen Erfolgs in einem Modus der selbstreflexiven Arbeit an sich selbst direkt abzutragen. A Hero’s Death hat dieser Ansatz gut getan und hat ist durchdrungen von sensiblen Inneneinsichten und emotionalen Bekundungen heranreifender Dichter-Musiker, deren Songs von einer musikalisch außergewöhnlichen Dichte zu uns sprechen. Die Kämpfe, von denen die Stücke handeln, sind noch in vollem Gange, wie auch Sänger Chatten bekennt: „The conflict of wanting love and praise and attention from anyone is a thing on the whole album, but also walking the line between having that affection and feeling totally trapped by it“. Das Wagnis dieses Balanceakts gilt es erst einmal einzugehen. Wie Fontaines D.C. das gelingt, kann man hier eindrucksvoll aus nächster Nähe beobachten.

Fontaines D.C. – A Hero’s Death
VÖ: 31. Juli 2020, Partisan Records
www.fontainesdc.com
www.facebook.com/fontainesband

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Andreas Peters

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