Foto-Credit © Jackson Bowley
Rode rough shod waves in the wake of a shot star
Moon’s opera
Sung for ya, by a choir
Lucky you are a rider
Night culture
Seafarer, paddle after
Through the waves in the water
In the wake of a shot star
Moon Opera – Orlando Weeks
Einst lässiger Indie Rock’n‘Roller, nun verkopfter Traumwelten Zeichner: Orlando Weeks, seines Zeichens Frontmann von The Maccabees, bringt mit A Quickening sein erstes Soloalbum heraus. Entgegen der naheliegenden Vermutung verbirgt sich dahinter jedoch kein scharfkantiger Indie-Rock, sondern softe, emotionale und flächige Popstücke mit Hang zum Träumerischen bei ernster Grundstimmung. Weeks, der zwischenzeitlich mit einem Kinderbuch von sich reden machte, erfindet sich 4 Jahre nach Ende von The Maccabees mit diesem Album noch einmal neu. Ausgangslage für das Album sind seine Erlebnisse als werdender Vater: Ängste, Vorfreude, Unsicherheiten in der Erwartung etwas Wundersamen, doch gleichzeitig Alltäglichen.
So beginnt das Album mit Milk Breath, einer Einführung des Protagonisten: „My son… You’re so new. I still forget sometimes that I’ve got you.“ Wie auf dem Rest des Albums dominieren bei tiefen Bassflächen nervöse Drums und großzügiges Piano, gepaart mit ausfüllenden Blech- und Holzbläsern. Auf Blood Sugar, der Singleauskopplung, kommen dann noch allerlei Effekt und elektronische Soundschnipsel dazu. Den Hörer erschlägt so teilweise eine teils bedrohlich wirkende und teils hoffnungsvolle Welle an experimentell anklingenden Traumwelten, die so nur ein erfahrener Songwriter heraufzubeschwören im Stande ist.
Immer wieder vermischen sich mollige und sperrige Harmonien mit wohltuenden Auflösungen selbiger. Dabei arbeitet Weeks viel mit der Dopplung und Vervielfachung seiner Stimme, so dass manchmal fast ein Chor erklingt. So bei St. Thomas, in dem sich fast sekündlich ein neuer Klang einschleicht. Wenn auch dies wieder sehr dick aufgetragen, gibt es kaum Momente, die man sich weniger Komplex wünscht. Weeks schafft es die Waage zu halten zwischen emotionalem Überschwang und notwendiger Tiefe, um ein so existenzielles Erlebnis für ein ganzes Album aufzubereiten. Dabei scheint Weeks nicht nur zwischen künftigem Kinderzimmer und Entbindungsstation hin und her gependelt zu sein. Fast magische Momente beschert er z.B. mit Moon Opera, in dem teilweise in Paul Simon Acapella-Manier galaktische Sphären besucht werden. Für die recht aufwändig klingende Produktion konnte er Nic Nell (alias Casually Here) gewinnen, der laut Weeks selbst einen wichtigen Teil zu diesem Album beigetragen hat. Weiß man, dass Nell größtenteils als House Produzent aktiv ist, erklärt sich die sehr dichte und schichtende Vorgehensweise und so mancher erfrischender elektronischer Beat (None Too Tough).
Nicht zuletzt muss man Orlando Weeks auch die volle Ausschöpfung seiner Stimme zu Gute halten. Von tiefen Tönen und gekonnten Sprüngen in Moon Opera bis hin zu sehr sanften Höhen in Summer Clothes zeigt Weeks bisher Ungehörtes seines Könnens. Da gibt es sogar Momente, die an Everything Everything’s Jonathan Higgs erinnern. A Quickening ist ein bemerkenswertes Album über die undefinierten Gefühle eines Vaters, das einmal mehr die Kreativität des britischen Sängers, Zeichners, Songwriters und Vaters unter Beweis stellt. Manchmal würde dem Zuhörer etwas mehr Zeit zum Atmen guttun, aber welches Elternpaar hat diese wohl schon bei der Geburt ihres Kindes?
Orlando Weeks – A Quickening
VÖ: 12. Juni 2020, Play It Again Sam (Rough Trade)
www.orlandoweeks.co.uk
www.facebook.com/TheGritterman