Bitter summers on my own
Carry on and keep the bound together, our forever
I burn all and get it on
When my whole loving ends with a song
and my material ends when I’m gone
(Daniel Blumberg – Bound)
„A song may come and go, on and on and on and on.“ So endet das Essay von David Toop, das Daniel Blumbergs neues Album begleitet. Je nachdem, wie man diesen Satz liest, bedeutet er verschiedenes: es kommt ein Song und läuft immer weiter oder aber Songs kommen und gehen immer wieder. Genau dieser Frage nach dem Wiederkehren und Wegbleiben von Klang, Zeit und Raum nimmt sich Blumberg mit seinem nun dritten via Mute erschienenen Album On&On an. Und dies, wie man es seit seinem hochgelobten 2018er Album Minus von ihm gewohnt ist, auf durch und durch künstlerische und experimentelle Art & Weise. Wie eine künstlerische Forschungsarbeit über Songstrukturen entwickelt sich über neun Titel ein nicht zu trennendes, zumindest nirgendwo beginnendes und endendes Werk. Der Titeltrack On&On(&On&On…) taucht dabei ganze Viermal auf, schleicht sich zwischen die anderen 5 Stücke, wie der logische Übergang zwischen zwei Songs.
Die musikalische Heimat des 30-jährigen Londoner ist das Cafe Oto in der englischen Hauptstadt, wo er mit Künstler*innen aus Free Jazz und Improvisationsmusik zusammenarbeitet, was man unschwer hört. So schart er auch auf On&On eine Band um sich, bestehend aus Violine, Kontrabass, Drums, Cello und Background Gesang, die sich zwischen Songwriter Strukturen und völliger Improvisation hin und her bewegt. Meist knarzt und quietscht es irgendwo, manchmal brechen Rhythmus und Harmonien in ein Chaos aus und manchmal, wie auf dem herausragenden Bound, fließt dann alles zusammen in einen Strom aus Wohlgefallen, der sich über 7 Minuten ausbreitet und verschiedene Formen annimmt. Durch diesen Wechsel aus sperrigen Improvisationen und wunderschönen Songwriter Stücken stellt er unsere Hörgewohnheiten in Frage und spielt mit der Frage wie Songs entstehen, wo ihre Grenzen sind oder was überhaupt ein Song ist.
Blumberg machte in der Vergangenheit nicht nur als Songwriter und Komponist von Filmmusik auf sich aufmerksam, sondern auch als bildender Künstler, nicht zuletzt mit einer Ausstellung in den Hamburger Deichtorhallen oder aktuell in der Kunsthal in Rotterdam. Wie in seinen Songs verhandelt er auch in seinen Bildern Form und Abstraktion, System und Intuition. „Between improvisation that comes into being in a room and songs that have come into being on a motorbike, there is another music, waiting for its cue in the forest.“ heißt es in Toops Essay. Dies könnte das Konzept des Albums sein: die Musik zwischen den Songs. Die Idee, die entsteht und wieder verschwindet, in einen Song übergeht oder verstummt.
Wie auch schon Minus, ist On&On ein Album, das viel Aufmerksamkeit verdient. Es stellt einen Kontrast dar, zu der oft abgedroschenen mit elektronischen Beats oder immer gleichen Folk-Elementen sich selbst zu retten versuchenden Songwriter Szene. Blumberg bleibt sich treu und bewegt sich konsequent zwischen Intuition und Songwriting, Wohlgefallen und Krach. Wie er selbst in einem Interview mit der Spex sagte, würde Musik doch so funktionieren, dass man auch immer wieder Hörer verärgert, weil Gefühle transportiert werden, die nicht unbedingt zu den Gefühlen der Zuhörenden passen. Dies wird Gewiss auch mit On&On passieren. Wer sich trotzdem die Zeit nimmt und offen für Musik zwischen den Songs ist, der wird mit On&On belohnt werden.
Daniel Blumberg – On&On
VÖ: 31. Juli 2020, Mute
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