ENKEL FÜR ANFÄNGER – Filmkritik

„Manchmal muss man einfach über seinen eigenen Schatten springen“

(Karin – Enkel für Anfänger)

Foto © STUDIOCANAL GmbH

Alt werden ist nicht leicht. Ich kann zwar nicht aus Erfahrung sprechen, aber was ich bei meinen Eltern und Großeltern mitbekomme, muss es mit der Pubertät eine der schwersten Entwicklungsphasen im Leben sein. Gesundheitsprobleme, ein Gefühl von Abgehängtheit, der nahende Tod – kein Wunder, dass so manche*r Rentner*in nach etwas Aufregung und Ablenkung sucht. Wolfgang Groos hat mit Enkel für Anfänger die Sorgen der „Goldenen Generation“ mit Humor portraitiert – und was dagegen gemacht werden kann.

Unterschiedlicher könnten die drei Rentner*innen Karin (Maren Kroymann), Gerhard (Heiner Lauterbach) und Philippa (Barbara Sukowa) nicht an ihre aktuelle Lebenssituation herangehen. Während Karin mit ihrem Ehemann ein klassisches Spießerleben führt, versucht sich Gerhard an einem bildungsbürgerlichen, einsamen Leben. Karins Schwester Philippa ist von den dreien noch die Lebhafteste. Voller Elan und Lebensfreude genießt sie ihr Alter und kümmert sich um ihr Patenenkelkind. Eines verbindet die drei jedoch – irgendwie sind sie nicht ganz glücklich mit ihrem Leben oder damit, wie sie es gerade führen.
Die Lösung für Karin, Gerhard und Philippa liegt in der Jugend. Nicht ihrer eigenen, sondern in der aktuellen, jungen Generation. Philippa überredet die beiden anderen, sich auch ein Patenenkelkind zu suchen. Nach den ersten Startschwierigkeiten ist für alle schnell klar, was sie von den Kindern noch lernen und was sie den Kindern mit auf den Weg geben können.

Der Film von Wolfgang Groos ist ein Statement. Kein extrem lautes, aber doch ein wichtiges. Er zeigt, was passiert, wenn Generationen miteinander statt gegeneinander leben und drückt Verständnis aus. Viele Probleme der heutigen Zeit entstehen erst dadurch, weil das Verständnis fehlt. Alt fühlt sich von Jung angegriffen, Jung fühlt sich von Alt unterdrückt und bevormundet. Und genau da setzt Enkel für Anfänger an. Die drei Protagonist*innen müssen sich ihren inneren Dämonen stellen, lernen aber auch, welchen Wert sie haben. Nicht nur sie müssen sich ändern, sondern auch erkennen, was sie weitergeben können. Groos schafft es außerdem, diesen Prozess mit einer angenehmen Schippe Humor und Ironie zu versehen. Es ist vielleicht nicht das philosophische Meisterwerk, dass alle Sorgen des Alterns ergründet, aber es ist auf jeden Fall ein witziger, unterhaltsamer Denkanstoß.

Regie: Wolfgang Groos
Darsteller: Maren Kroymann, Heiner Lauterbach, Barbara Sukowa, Dominic Raacke, Günther Maria Halmer
Heimkino-Start: 20. August 2020, Studiocanal

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Julius Tamm

Hat irgendwas mit Medien studiert, schaut gerne Filme und schreibt auch noch drüber. Autor bei bedroomdisco, FRIZZ Darmstadt, hr-iNFO Online und hessenschau Social Media.

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