Foto © Mike Terry
All human beings are born free and equal in dignity and rights
They are endowed with reason and conscience
And should act towards one another in a spirit of community
(Max Richter – All Human Beings)
In turbulenten und krisenhaften Zeiten wie diesen fällt es manchmal wirklich nicht leicht, sich die Hoffnung auf eine hellere Zukunft zu bewahren. Wirkungsvolle Veränderungen, scheint es, müssten doch oft außerhalb der Kraft eines Einzelnen oder der Gesellschaft liegen; ist diese doch gerade so oft tragend mit verantwortlich für Leid, Ungerechtigkeit und Barbarei – die jüngsten rassistisch motivierten Todesfälle in den Vereinigten Staaten zeugen neben vielen anderen Beispielen von diesem Umstand. Max Richters neues und neuntes Studioalbum VOICES legt den Finger in genau diese tiefe Wunde. Doch statt Desillusionierung oder Unmut offenbart der britische Komponist seine Überzeugung, dass wir es selbst in der Hand haben, die Welt in der wir leben, zu einem besseren Ort zu machen. „In this challenging time, I’ve composed VOICES as a place to reflect on the world we have made, and on the world we want to make“. Und das Ergebnis zieht einem wirklich den Boden unter den Füßen weg.
Inspiriert von der 1948 verfassten Universal Declaration of Human Rights, aus der durch das Album hindurch gelesene Textstellen von unterschiedlichen Stimmen in verschiedenen Sprachen in das Werk eingestreut werden, bildet Voices eine mächtige orchestrale und atmosphärische Landschaft, deren Grund und Boden durch die vielen Stimmen zum Leben erweckt wird. “I like the idea of a piece of music as a place to think“, äußerte Max Richter im Bezug auf das Konzept hinter seinem Album und erklärt: „The Universal Declaration of Human Rights is something that offers us a way forward. Although it isn’t a perfect document, the declaration does represent an inspiring vision for the possibility of better and kinder world“. Die Tiefe, in welche die Text-Musik-Mischformen uns hinabführen, gibt ihm Recht und macht Hoffnung. Auf Wandel, auf Veränderung zum Guten. Und stellt uns am Ende doch immer wieder vor die Frage, warum wir die Werte – Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Sicherheit, Unversehrtheit – immer wieder in Vergessenheit geraten lassen.
Oft von vollwandigen Streicharrangements untermalt, zarten Klavierlinien gerahmt, inmitten des bunten Stimmenchors, welcher zweifellos die Essenz der Kompositionen beinhaltet, ist VOICES in seinem Kern eine einzige kontemplative Denkbewegung. So sehr die orchestralen Klanglandschaften auch zum Schwelgen und Träumen anregen, der Geist unterhalb dieser Versenkungen ist der idealistische und humanistische Kern grundrechtlicher Maximen und Leitbilder. Ein klang- und stimmgewaltiges Werk wie dieses wirkt wirklich Wunder und lässt schließlich nur noch aufblicken. Es zeugt am Ende nicht nur von Max Richters großartigem Talent für ausladende Kompositionen, es ist auch und vor allem eine hoffnungsvolle Einladung, als Menschen an dem festzuhalten was uns Kraft und Mut gibt. Auch wenn die Zeiten nicht immer dazu einladen mögen.
Max Richter – VOICES
VÖ: 31. Juli 2020, Decca Records
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