IDLES – Ultra Mono


Foto © Tom Ham

I want to be loved
Everybody does
I find shame in the crack-like corpse un-cadaver reign
I want to be loved
Everybody does
I find shame gripped tight like your withering fame
We made it
Shame.

(Idles – A Hymn)

Während dumpfe Basslinien und ein lärmender Gitarrenhagel aus dem ersten Song War heraus dröhnen, bald gefolgt von Sänger Joe Talbots eröffnendem „Whaching! That’s the sound of the sword going in“, wird schon in den allerersten Momenten mehr als klar: IDLES sind “back in the game“. Passionierter, energischer und kompromissloser als je zuvor, meldet sich das Rock-Happening aus Bristol eindrucksvoll mit Ultra Mono zurück und legt damit einen weiteren Stein auf dem Weg, den die Band seit Brutalism (2017) und dem 2018er Band-Manifest Joy As An Act Of Resistance mehr als erfolgreich zurückgelegt hat.

Als „explosiv“ lässt sich nicht nur die gitarren- und von Rhythmus betriebene Maschinerie der Songs von Ultra Mono beschreiben, auseinander sprengend im besten Sinne ist auch die Aussagekraft, die hinter der Musik steht. Volle Kraft voraus, suggeriert hier vielleicht der Sound, lyrisch aber geht die Reise an eine ganz persönliche Substanz und stellt vor allem die Frage nach Selbstakzeptanz und Zugehörigkeit in den Kern der Stoßrichtung. „I Am I / And I intend to go go go“, bricht es passend zu Beginn aus Mr. Motivator heraus, das mit euphorischen Gitarrenriffs diese essenzielle Affirmation passend unterstreicht. Das Gefühl, dass die IDLES auf ihrer dritten LP feste Zustände aus ihren Einrahmungen „herausbrechen“ wollen, bekommt man dann durchweg auch auf weiteren Songs. Grounds, ein Höhepunkt der Platte, auf dem brachiale Gitarren-Arrangements mit kaum gesungenen, eher herauskatapultierten Slogans um Aufmerksamkeit konkurrieren. „Do you hear that thunder? / That’s the sound of strength in numbers“. Das sitzt, das macht Lust auf mehr. Und auch hier taucht wieder das Motiv der Selbstakzeptanz in Form von: „I am I / Unify“ auf. “We wanted to write a song that embodied self-belief, and gave us self-belief – a counter-punch to all the doubt we build up from all the noise we so easily let in“, lässt Joe Talbot über den Song verlauten. Das Resultat kann sich sehen und hören lassen.

Stilistisch hält sich die Band in bekanntem Terrain auf, schafft es aber, ihren Songs mit noch energischeren Salven zu würzen. Die wirkliche Kraft dieser Platte kommt dann aber vor allem aus dem, was die IDLES  zwischen den Zeilen zu vermitteln versuchen. Anxiety ist ein getriebener Song, bewegt von dem Kampf gegen Ablehnung und Selbstzweifel, der Banger Model Village klingt wie ein Aufbegehren gegen reaktionäre Community-Mentalität, Rassismus, Homophobie und gesellschaftliche Intoleranz. Reigns ist ein pulsierendes, von Synth-Bässen angetriebenes Stück und bricht sich dann im Chorus vollends Bahn, im Hagel elektrisierender Gitarrenriffs. Es trieft dabei geradewegs von politischer Kritik: „How does it feel to have blue blood coursing through your veins? … How does it feel to have shanked the working classes into dust? … How does it feel to have won the war that nobody wants?“ Ein Aufschrei, der einfach nur befreiend ist – vor allem wenn er von soviel musikalischer Energie getragen wird. Ein ähnlicher Effekt gilt auch für A Hymn, wenn auch unter anderen Vorzeichen. Einer der wenigen Songs, die etwas subtiler daherkommen, werden hier persönliche Verletzlichkeit und das Gefühl der Scham zum Thema gemacht. Der verzerrte Klangteppich im Hintergrund von Talbots fiebriger Stimme tut sein Übriges dazu, dass dieser Song noch länger nachhallt.

Länger nachwirken wird hoffentlich auch Ultra Mono als Ganzes. Galten die IDLES bereits zuvor als musikalische “role models” im Hinblick auf die Verknüpfung von hymnisch-energiegeladenem Rocksound, mit kritischem, reflektierendem Potenzial, hat das Projekt mit ihrem dritten Album neue Maßstäbe gesetzt, dessen ästhetische Melange aus mitreißenden Melodien, donnernden Rhythmen und sensibler Innenschau einen echten Meilenstein gesetzt. „That’s the sound of the sword going in“. Treffender kann man es auch nicht ausdrücken.

IDLES – Ultra Mono
VÖ: 25. September 2020, Partisan Records
www.idlesband.com/uk
www.idlesband.bandcamp.com/album/ultra-mono

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Andreas Peters

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