Foto-Credit © Frank Fieber
With the music that I make
I make sure they know my name
And by the time that I’m gone
There’ll be no more songs to be sung
I guess music’s my best friend
I mean it never ever lets me down
(Yellow Days – Getting Closer)
Wer noch einen Beweis sucht, dass niemand das Kind einer Epoche sein muss, um ihren Sound zu beherrschen – hier ist er: George van den Broek aus der englischen Grafschaft Surrey, seit seinem siebzehnten Lebensjahr als Yellow Days bekannt und seit Freitag mit seinem zweiten Album A Day in a Yellow Beat zu hören.
Es ist ein Zweitwerk, das vor dem Selbstbewusstsein, einen Sound nicht nur zu lieben, sondern ihn gemeistert zu haben, nur so strotzt: da schnarrt das Clavinet wie in Stevie Wonders Superstition, schallen Vibraphones und hangeln sich funky Bässe mit quietschenden Synths durch eine R’n’B-Parade von Funkadelic bis Marvin Gaye. Trotzdem muss niemand dem falschen Glauben aufsitzen, sich in eine Soul-Best-Of-Playlist verklickt zu haben: auch wenn Shirley Jones (The Jones Girls) oder Bandkollegen von Weldon Irvine ihren Beitrag zum Vintage-Sound leisten, nimmt das weit über eine Stunde reichende Album mit seinen zahlreichen Interludes eher die moderne Form eines Hip-Hop-Mixtapes an, mit dem ein aufstrebender Künstler sein Können demonstriert.
Und das ist unbestreitbar da, etwa wenn van den Broek sich durch den schleppenden Beat von The Curse croont oder plötzlich eine Hammond-Orgel den Song hinausträgt (Keeps Me Satified). Mit gerade mal 21 Jahren so eine geballte Ladung gekonnt produzierter Feelgood-Tracks hinauszuwerfen, verlangt schon einiges an Anerkennung ab. Doch längst nicht alles gleitet so smooth dahin wie die schwungvollen Pianolicks von Let’s Be Good To Each Other. Van den Broeks bemerkenswerte Stimme muss über einige wiedergekaute Weisheiten hinwegtrösten: ein paar Disco-Lyrics („Music brings us together / Makes us all one“) hier, ein paar radiotaugliche Baukasten-Ratschläge („Open your eyes, there’s so much to see / There’s so much to see“) da. Auch die illustre Gästeliste ändert daran wenig: immerhin Bishop Neru hat in seinem knappem Feature mehr zu sagen als die übrigen 22 Tracks zusammen, während der erklärte Fan und Slacker der Herzen, Mac DeMarco, bei seinem Gastauftritt dagegen mit ein paar Oohs und Aahs für einen kleinen Aufmerksamkeitsschub enttäuscht.
So ganz ist dieser Gegensatz zwischen lieblosem Songwriting und begeisterter Produktion nicht mit der Selbstironie zu greifen, die van den Broek im Intro suggeriert, wenn er die Gleichförmigkeit moderner Popmusik mit einem Lobgesang ihrer (und seiner) ewigen HeldInnen kontrastiert. Ein wenig ziellos steuert das Tape dahin: für eine Demonstration von dem, was van den Broek drauf hat, braucht er keine drei Tracks – ob er darüber hinaus noch was zu sagen, dass die Selbstbeschreibung „Upbeat existential millennial crisis music“ untermauert, bleibt vage.
Wer da zur Tirade ansetzen will, die Millennial-Krise liege darin, längst keine Worte mehr für den Clusterfuck zu finden, der über das eigene Leiden hinausgeht, ja, Unfähigkeit und Überforderung hinter der Fassade eines aufgekochten Anything-goes-Potpourri zu verstecken, ist vielleicht längst auf van den Broeks Parodie einer Sinnsuche reingefallen. Denn für sein zweites Album darf man dem jungen Briten weder Unfähigkeit noch Überforderung vorwerfen. Im Gegenteil: wenn A Day In A Yellow Beat die Basis ist, darf man gespannt sein, was noch alles von George van den Broek zu hören sein wird.
Yellow Days – A Day In A Yellow Beat
VÖ: 18.09.2020, Rough Trade
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