Bedroomdisco Top Alben – Oktober

Matt Berninger - One More Second

Der Oktober ist bekannterweise ja der Monat-gewordene VÖ-Marathon für Labels und Bands, bietet sich doch eine Lücke zwischen Sommerflaute und Weihnachtsgeschäft, die prädestiniert ist für eine wahre Flut an hochkarätigen Alben! Und da ist auch das Pandemie-gebeutelte Jahr 2020 keine Ausnahmen und lässt sich ganz untypisch für die letzten Monate mal kulturell nicht lumpen, denn es wird geklotzt, sowohl in der Quantität, als auch was die Qualität angeht. Ein schönes Trostpflaster für lange Regentage und weniger Tageslicht!

1. Matt Berninger – Serpentine Prison (VÖ: 16.10.)

Er hat diese melancholische Tiefe in der Stimme, die einen immer wieder packt und hinabzieht, ins Verderben, den Herzschmerz und seine ganze eigene Welt! Matt Berninger, ansonsten Frontmann unserer amerikanischen Lieblingsmelancholiker The National, macht nun eigene Sache und klingt dabei trotzdem gewohnt getrieben von seinen Gefühlen, bei etwas leichterer musikalischer Umwallung. Dafür sorgte nämlich nicht wie von The National gewohnt die Dessner-ische Breitseite, sondern mit Booker T. Jones ein anderer Multiinstrumentalist und Songwriter, der mit einer ganzen Schar befreundeter Musiker aus Berningers Schaffen ein wunderschönes Solo-Debüt für Berninger schnürte. Darunter unter anderen Matt Barrick (The Walkmen), Andrew Bird, Scott Devendorf (The National), Gail Ann Dorsey (David Bowie), Brent Knopf (EL VY, Menomena), Ben Lanz (Beirut), Mickey Raphael (Bob Dylan) und Harrison Whitford (Phoebe Bridgers). Konnte nur gut werden…und ist es dann natürlich auch geworden!

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2. Adrianne Lenker – songs & instrumentals (VÖ: 23.10.)

Und noch ein Solo-Album: die ansonsten bei der aufstrebenden US-Indie-Folk-Band Big Thief tätige Adrianne Lenker zog sich nach der letzten Tour mit ihrer Band in die abgeschiedene Bergwelt Massachusetts zurück, um dort kurzerhand ein Doppel-Album zu schreiben. In der Isolation einer kleinen Hütte schrieb sie ein wunderschön intimes Album, das einen aufgrund seines analogen Klangs das Hier und Jetzt komplett vergessen lässt und einen mit seiner inneren Ruhe und schönen Anmutung komplett in den Bann von Lenkers Stimme, Gefühle und Akustik-Gitarren-Spiels zieht.

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3. Future Islands – As Long As You Are (VÖ: 09.10.)

Plötzlicher Erfolg kann auch seine Schattenseiten haben, auch wenn man eine der am härtesten dafür arbeitende Bands überhaupt ist. So war es auch als nach dem viral gegangenen Auftritt bei David Letterman auf ein mal die schon lange existierende und stetig tourende Band Future Islands ins Scheinwerferlicht der öffentlichen Wahrnehmung gezogen wurde. Nach dem ersten Rausch folgten Burnout, Selbstzweifel, gesteigerte Erwartungshaltungen. Mit ihrem neuen Album As Long As You Are haben sie all diese Phasen nun endgültig hinter sich gelassen, indem sie ein Album über Vertrauen und die Liebe geschrieben haben. Der New Wave Synth-Pop-Entwurf hat plötzlich mehr Tiefe, die Songs wirken nicht mehr so gradlinig nach dem selben Schema, während Frontmann, Vortänzer und Sympathieträger Samuel T Herring gewohnt wortgewandt sein Inneres nach außen kehrt.

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4. Kevin Morby – Sundowner (VÖ: 16.10.)

Auch für Kevin Morbys neues Album Sundowner war Isolation der Schlüssel zur Kreativität. 2017 zog der Songwriter vom trubeligen Los Angeles in die Abgeschiedenheit eines leerstehenden Hauses in seiner Heimatstadt Kansas City zurück, um seinem vorherigen Leben voller Chaos und Abenteuer zu entfliehen. In jenem Sommer kam Katie Crutchfield (Waxahatchee) zu Besuch, blieb letztlich wochenlang, lebte ruhig neben ihm, während ihre Liebe Gestalt annahm und jede Nacht zum Sonnenuntergang ihre Kreativität zu sprudeln begann. Und so begannen sie, sich selbst als „Sundowner“ zu bezeichnen. Schon während seiner Tour zum letzten Album Oh My God schlummerte das im Sonic Ranch Studio in Texas aufgenommene Album auf einer Festplatte dort, es sollte das Licht der Welt erst erblicken als Morby sich, wie auch der Rest der Welt, im März 2020 in seinem Haus und in Quarantäne wiederfand. Morby über das Album: „It is a depiction of isolation. Of the past. Of an uncertain future. Of provisions. Of an omen. Of a dead deer. Of an icon. Of a Los Angeles themed hotel in rural Kansas. Of billowing campfires, a mermaid and a highway lined in rabbit fur. It is a depiction of the nervous feeling that comes with the sky’s proud announcement that another day will be soon coming to a close as the pink light recedes and the street lamps and house lights suddenly click on.”

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5. Woodkid – S16 (VÖ: 16.10.)

Mit seinem Debütalbum The Golden Age sorgte Woodkid, alias Yoann Lemoine, für die große Geste und ordentlich Bombast in der Pop-Musik, was ihm den Ruf als Pop-Erneuerer einbrachte – genauso wie zwei Grammy Nominierungen, weltweit fast eine Millionen verkaufte Alben, Ruhm & Ehre. Es sollte lange dauern, bis Lemoine mit einem neuen Album zurückkehrt, dafür zerlegte er seinen Sound in die einzelnen Einheiten, entwickelte Konzepte und einen neuen noch zeitgemäßeren Klang. Herausgekommen ist ein komplexes Album, das eine stetige Gratwanderung vollführt zwischen überladenen Klangschluchten und eingängigen Pop-Experimenten, ohne jedoch den Hörer gänzlich aus den Augen zu verlieren. Das vielleicht anspruchsvollste Pop-Album in 2020!

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6. Keaton Henson – Monument (VÖ: 23.10.)

Eigentlich war zu befürchten, dass sich der kauzige Songwriter Keaton Henson in 2016 mit einem rätselhaften Posting von seinen Fans verabschiedet hat. Letztes Jahr folgte dann jedoch mit Six Lethargies die Veröffentlichung einer komplexen Sinfonie für Streichorchester und damit die Rückkehr zu seinem Schaffen. Erschöpft von der Arbeit daran, zog sich der Brite ins englische Hinterland zurück,verbrachte die Tage im Freien, hackte Holz, kümmerte sich um das Gelände und beobachtete die Raubvögel, die über ihm schwebten. Von diesem abgelegenen Außenposten aus fühlte er sich endlich bereit, sich mit einem Thema zu befassen, das er während seiner gesamten Karriere als Songwriter gemieden hatte: Die jahrzehntelange Krankheit und der bevorstehende Tod seines Vaters, der zwei Tage vor Abschluss der Aufnahmen zum Album verstarb. Herausgekommen ist ein gleichsam intensives, wie verletzlich intimes Album, voller Erinnerungen und Nostalgie und ein orchestrale, letzte Abschied.

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Newcomer:

1. beabadoobee – Fake It Flowers (VÖ: 16.10.)

Die britischen Newcomerin und Hype-Prinzessin beabadoobee gilt schon seit einiger Zeit als spannendste Künstlerin des DIY-Bedroom-Pop-Genres – und so verwundert es auch kaum, dass ihr Debütalbum Fake It Flowers in Perfektion die DNA ihrer bisherigen Veröffentlichungen atmet. Jeder Song ist ein kleines Highlight und ein weiterer Mosaikstein in der Biografie der auf den Philippinen geborene und in London aufgewachsene Bea Kristi, die damit dieses Jahr den endgültigen Durchbruch schafft.

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2. Hello Forever – Whatever It Is (VÖ: 02.10)

Unter der kalifornischen Sonne geht es einem gut und so verwundert es auch kaum, dass das Debütalbum der dortigen Newcomer Hello Forever psychedelische, wie wilde Wurzeln kaum verbergen kann und schon mit seinem farbenfrohen Cover-Artwork in den Bann zieht. Die farbenfrohe Instrumentierung und der mehrstimmige Harmoniegesang sind beeinflusst vom Sound der 60er. Whatever It Is klingt als hätten die Beach Boys Frank Zappa zu einer Jam-Session einladen, während die Beatles im Studio herumlungern, um sich in der gleißenden Sonne von ihrer Magical Mystery Tour zu erholen. Wir sind Fans und holen uns mit den Songs von Hello Forever noch ein wenig Sonne für die kälteren Monate in die Plattensammlung!

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3. Matija – byebyeskiesofyesterday (VÖ: 09.10.)

Die Münchner Indie-Herren von Matija waren schon als blutjunge Debütanten-Band eine langjährig eingeschworene Truppe, die sich im Flug den Ruf einer der spannendsten Indie-Bands hierzulande erspielte. Nun folgt der nächste Schritt, das schwierige zweite Album. Schwärmerischer, bittersüßer Indie Pop ist weiterhin ihr Anker, ihr innerster Kern. Klassik, Pop, Hip-Hop oder French House sind aber nur einige der Aromen, an denen sich Matija für ihre neuen Stücke versucht haben. Stets mit offenen Augen und Ohren, der eigenen DNA dennoch treu ergeben.

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Wiederkehrer: KLLO – Maybe We Could (VÖ: 17.07.)

Seit dem Debüt Backwater des australischen Cousin-Duos KLLO verfolgen wir das Schaffen von Chloe Kaul und ihrem Cousin Simon Lam. Und so war die Freude auch groß als im Juli endlich der Nachfolger Maybe We Could erschien, auf dem die beiden musikalisch ihren Impulsen folgen und einen eingängigen Mix aus R&B, UK Garage und 2 Step servieren, während sie sich inhaltlich mit unerwiderter Liebe, Zweifel, Wünsche und schwierigen Entscheidungen befassen. Vielleicht genau der richtige Soundtrack, um zuhause den heimischen Dancefloor zu eröffnen, nachdem die sonstigen üblichen Örtlichkeiten der tanzenden Begegnungen ja noch bis auf weiteres Pandiemie-bedingt geschlossen sind…

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Dominik

Bedroomdisco-Gründer, Redaktions-Chef, Hans in allen Gassen, Golden Leaves Festival Booker, Sammler, Fanboy, Exil-Darmstädter Wahl-Hamburger & happy kid, stuck with the heart of a sad punk - spreading love for great music since '08!

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