Joy Division gelten trotz ihrer relativ kurzen Schaffensphase und nur zwei offiziellen Studioalben auch heute noch nach etwa 40 Jahren als eine der einflussreichsten Bands überhaupt, die immer noch das heutige Schaffen von Bands mit Anleihen im Gothic Rock, Dark Wave oder Indie-Rock inspiriert. Zum vierzigsten Jubiläum des Debütalbums Unknown Pleasures hat sich der renommierte Musikjournalist Jon Savage (England’s Dreaming: The Sex Pistols and Punk Rock) der Band in seiner Biografie Sengendes Licht, die Sonne und alles andere: die Geschichte von Joy Division in Oral History-Tradition angenommen!
In unzähligen Gesprächen mit den Band-Mitgliedern, Wegbegleitern, Zeitzeugen und Chronisten zeichnet Savage auf diese Art nicht nur die Entstehungsgeschichte der Band, die holprigen ersten Schritte, sowie den letztlich Durchbruch nach. Die Gespräche zeugen gleichzeitig auch von der besonderen Atmosphäre der Stadt Manchester zu dieser Zeit, die Joy Division erst zu der Band gemacht hat, die sie letztlich wurde. Eine Nachkriegsgeneration versucht ihren eigenen Weg zu finden, in einer kaputten Industrie-Stadt, in der die Bürger klein gehalten werden sollten. Viele Orte für Konzerte und Ablenkung gab es nicht, während Punk gerade als Gegenbewegung Einzug hielt und sich Gruppen von Jugendlichen mit ähnlichen Interessen in den Bücher- und Plattenläden fanden. Ian Curtis, Stephen Morris, Peter Hook und Bernard Sumner gehörten zu diesen und beschlossen kurzerhand eine Band zu gründen.
Es sind die vielen kleinen Details aus den Anfangszeiten, die einen heute im Nachgang bewegen, unterhalten, sogar zum Lachen bringen – genauso wie gerade auch die Stellen, an denen sich die Gesprächspartner widersprechen oder unterschiedliche Erinnerungen haben, spannend sind. Die jeweiligen Sichtweisen ergeben letztlich erst zusammen das ganze Bild, wenn auch die Abschnitte teilweise sehr abgehackt wirken und einem als Laie der damaligen Szene und ohne größere Kenntnis der Protagonisten auch schnell mal aufgrund der Vielzahl an Gesprächspartner etwas schwindelig werden kann. Trotzdem vermag es das Buch wie wenige Biografien – dazu noch zu einer solch schwer wirkenden Materie – zu unterhalten und sich hoch authentisch und unverfälscht vor dem Schaffen einer der größten Bands unserer Zeit zu verneigen.
Jon Savage – Sengendes Licht, die Sonne und alles andere: Die Geschichte von Joy Division
Gebundene Ausgabe, 384 Seiten
ISBN: 978-3453272514
VÖ: 27.04.2020, Heyne Verlag
20 Euro