“It’s all over… something in the air.”
(Emily – The Beach House)
Das junge Pärchen Emily (Liana Liberato) und Randall (Noah Le Gros) haben sich davon gemacht um einen Kurzurlaub im titelgebenden Strandhaus von Randalls Vater zu verbringen und dort in Ruhe ihre Beziehung zu kitten. Als am ersten Morgen plötzlich das ältere Paar Mitch (Jake Weber, Horror-Fans bekannt als Michael aus dem 2004er Dawn of the Dead Remake) und seine schwer kranke Frau Jane (Maryann Nagel) im Haus auftauchen, droht die Situation zu eskalieren. Schnell stellt sich jedoch heraus, dass sie Freunde von Randalls Vater sind und sich, anders als dieser, für das Wochenende in dem Haus angemeldet hatten. So macht das ungleiche Quartett das Beste aus der Situation und verbringt einen feucht fröhlichen gemeinsamen Abend, an dem auf Wein, Drogen und auf einen ausgelassenen Rausch Panik folgt. Angezogen von einem faszinierenden Leuchten, welches vom Meer her auf das Land zu ziehen scheint, verschwindet ausgerechnet die auf Medikamente angewiesene Jane, während die restlichen Bewohner im Rausch gefangen darum ringen in der vermeintlichen Realität zu bleiben.
The Beach House ist kein Horrorfilm für die breite Masse. Trotz seiner kurzen Laufzeit von 88 Minuten, lässt er sich sehr viel Zeit um Charaktere und Szenario einzuführen. Erst ab der Hälfte der Laufzeit werden dann langsam die Mystery- Schrauben angezogen um plötzlich in einem atemlosen Showdown zu eskalieren. Jeffrey A. Browns Spielfilmdebüt zeigt dabei starke Einflüsse von Lovecraft im Allgemeinen und Sci-Fi Horrorklassikern wie Body Snatchers, Shivers und The Fog, aber auch den aktuelleren Mandy und Color Out of Space im Speziellen. Wobei die Klassiker eher inhaltlich und die modernen Filme visuell zitiert werden. Wie Color Out of Space und mehr noch Mandy hebt der Film mit experimenteller Kamera und Bildsprache den Wahnsinn und ein Stück weit das ganze Genre auf ein neues Level. Neben der Liebe zu Klassikern des Genres verarbeitet Brown, der auch das Drehbuch geschrieben hat, in dem Film eigene Erinnerungen an vergangene Strandhausaufenthalte und der Trennung von seiner Lebensgefährtin. Die Kombination also aus negativen Gefühlen und schönen Orten. Diese psychologische Ebene wird zwar nicht auf das Niveau eines Babadook oder Hereditary ausgearbeitet, ist aber nicht der Dreh und Angelpunkt des Films. Trotzdem profitiert er enorm davon das dieser Aspekt vorhanden und glaubwürdig eingebaut ist und gibt dem Genrewahnsinn ein überdurchschnittlich solides Fundament, das von der absolut überzeugenden Performance des kleinen Cast noch ausgebaut wird.
Somit ist der Film weit, weit weg von Fließband Jump-Scare Produktion à la Blumhouse, aber dennoch kein tiefenpsychologischer Arthouse Horror wie ihn zuletzt Ari Aster (Midsommar, Hereditary) und Robert Eggers (The Lighthouse, The Witch) abgeliefert haben. Bleibt zu hoffen, dass er in dieser Mitte sein Publikum findet, anstatt Fans beider Seiten dezent zu enttäuschen. The Beach House zu schauen ist ein wenig wie ein Trinkgelage mit Tequila. Es fühlt sich zwar komisch an und zunächst passiert eine ganze Weile nichts, bis es dann plötzlich steil bergab geht und man sich hinterher fragt, was da eigentlich gerade passiert ist. Will man das jeden Abend? Sicher nicht, aber eine Welt ohne Tequila wäre schon irgendwie traurig.
The Beach House (US 2019)
Regie: Jeffrey A. Brown
Darsteller: Liana Liberato, Noah Le Gros, Jake Weber, Maryann Nagel
Kinostart: 22.10.2020