THE WYTCHES – Three Mile Ditch

The Wytches © Julian Deane (Raygun)

The Wytches Cover
Foto-Credit © Julian Deane (Raygun)

Manchmal scheinen Bands in der Versenkung zu verschwinden. Sie rotieren nicht mehr im Album-Tour-Album-Kreislauf, der ihnen unsere Aufmerksamkeit sichert. Sie tauchen nicht mehr in Bestenlisten auf und von Solo-Projekten der Bandmitglieder ist auch nichts zu hören. Und jetzt wäre eigentlich der Punkt gekommen, um zu schreiben „Ganz so drastisch war es natürlich nicht bei The Wytches, denn die britischen Shoegazer haben…“ – tatsächlich aber sind die Jahre seit ihrem Zweitwerk All Your Happy Life (2016) still vorübergezogen. Umso schöner zu hören, dass das Quartett aus Brighton jetzt mit Three Mile Ditch die Rückkehr auf die Bühnen probt, auf die sie 2014 ihr Debüt Annabel Dream Reader katapultierte.

Allerdings ist die Band um Frontmann Kristian Bell, Bassist Adrian Rumsey und Keyboarder Mark Breed inzwischen zum Trio geschrumpft: der Abgang von Gianni Honey zwang die übriggebliebene Gruppe nicht nur, ihr drittes Album ohne festen Schlagzeuger aufzunehmen, sondern stellte das gesamte Fortbestehen der Band infrage. Als wollten sie diese Zweifel entschieden beiseite wischen, setzt die Rückkehr auf einen satten, entschlossenen Sound: Cowboy und Three Mile Ditch eröffnen das Album in herrlicher Ungeschöntheit. Wie eh und je kratzt Bells Gesang über die nun wummernden Gitarren, um die Turbulenzen der letzten Jahre in Worte zu fassen: „A blow to the head / From my long-handed friend / He’s always switching his side“.

Wuchtiger als die beiden Vorläufer, hat die Gruppe ihr Gespür für eine feine Dynamik nicht vollends verloren: wenn das Blues-Rock-Raubtier, das dort durch den Auftakt trottet, erstmal ein Nickerchen einlegt, entfalten sich die düsteren Träume von Midnight Ride. Im Verbund mit einer verhalten schimmernden Gitarre lässt Bells dünne Stimme Erinnerungen an Elliott Smith emporsteigen: „When we’ll you return / I’ve been to your world / And I waited a while / Your things at my side“.

So sehr man die Zügellosigkeit, die zuverlässig aus Everyone’s Friend oder You Looked Happy To Me tönt, vermisst hat, sind es die stilleren, ein wenig reiferen Momente, die jetzt herausragen: da ist das klagende Songwriting von A Love You’ll Never Know („Burned a hole in my newborn shell and it ate itself / So I nursed it with hate and fear and it reappeared“) oder Silver Trees, das mit seiner Hammond-Orgel entfernt an Talk Talk erinnert. Ansonsten ist es ein überraschend geradliniges Album geworden, das mal nach Smithscher Melancholie (White Cliffs) und mal nach etwas breitgetretenen Gitarrenmanövern zahlloser Garage-Rock-Proberäume (Meat Chuck) klingt.

So ganz mag er The Wytches nicht mehr gelingen, der zwischen Manie und tiefer Traurigkeit mäandernde Sound ihres Debüts, diese gute Ahnung, das zwischen den lärmenden Gitarren gleich etwas brillant Ungutes aufblitzt. Die Mittel, mit denen Gitarrenrock zum x-ten Mal wiederbelebt werden soll, sind verlässlicher geworden – aber sie wirken noch. Es ist schön, sie wieder in den Händen der Wytches zu sehen.

The Wytches – Three Mile Ditch
VÖ: 02.10.2020 – Cable Code
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