Foto © Sebastian Madej
But have you ever seen someone stop the time
Have you ever heard someone curve a line
Be it high be it low
It will go when it goes
And the winter will fade as do I
And it’s alright
(CATT – Curve A Line)
Wann wenn nicht jetzt, ist es Zeit, den ewig gleichen Rhythmus des Lebens auf einen neuen Prüfstand zu stellen? Die Songwriterin Catt hat sich bereits vor der Corona-Pandemie auf diesen Weg begeben und mit ihrem Debütwerk Why, Why einen eindrucksvollen musikalischen Raum geschaffen. Inmitten idyllischer Umgebung vor den Toren Hamburgs, im Gartenhaus der Roger Willemsen Stiftung, fand die 25-jährige das ideale Refugium vor, um sich mit vollem Eifer nur der eigenen Kunst zu widmen. Fragend, ja orientierungslos blitzt es hier und da aus den Songs hervor, die sich auf die Suche machen – nach dem Warum, dem Sinn von Lebensentwürfen in unsicheren Zeiten und der Möglichkeit nach Hoffnung. Die Auswirkungen der Pandemie verstärken all das noch, auch wenn hier wirklich kein „Lockdown“-Album vorliegt. Und trotz allem Blues, wehen ihre Songs federleicht durch den Äther, in sich ruhend und stets voller Klarheit.
Das Piano führt als wichtigstes Organ durch den dunklen Herbst dieser Stücke, welchen man sich bei aller Melancholie gerne als deren Hintergrund vorstellen möchte. Again liefert hier den passenden Einstieg: Zart, eingängig und mit Fokus auf den tastenden Beat, der dem ganzen unterlegt ist, pirscht sich CATT hier durch den Wald voller Fragen, unterstützt von stilvoll eingesetzten Bläser-Elementen. „Why why why / Would I be talking to the person / Staring back at me / In the mirror“, tönt es selbstauflösend aus den ersten Zeilen des Songs heraus. Wehmütig, enttäuscht wenig später: „Again I couldn’t settle in the traces I have left / Again I couldn’t let anyone closer to my chest“. Es ist auch nicht so, als würden diese Fragen und Feststellungen später aufgehoben werden. Für den Moment genügt es erst einmal, diese Fragen zu stellen und sich die eigene Unzulänglichkeit einzugestehen. Das heißt aber nicht, dass neue Hoffnung fern ist. „Tears are drying all the time, there’s new beginnings all the time“. Worte wie Balsam, aber weit weg vom Kitsch. Deswegen ist es auch so schön.
Dieser Spirit zieht sich weiter durch die Songs, die immer etwas klarer sind, als die Inhalte, denen sie auf den Grund gehen. Rain erschafft um die Symbolik des Regens und seiner Tropfen herum Bilder, die vor Schwere und Sorge nur so triefen („Oh what a day drenched in sorrow / But now the rain is pouring down over your mind“). Willow Tree ist beschwingter (hier hört man den BOY-Vibe umso deutlicher), es sind dann aber auch die „moon shadows“, um die herum getanzt wird. We Could Have Been ist voller Abschiedstöne, sanfter Melancholie, die jedoch von dem sanften Zauber akustischer Töne umgeben wird. Curve A Line, ein Highlight in dem alles zusammenkommt, was CATTs Magie ausmacht, fragt nach dem großen Sinn, trägt jedoch auch das inspirierende Moment in sich, eben die Fallhöhe dieser Ungewissheit als Freiheit begreifen zu wollen. Die klare, helle Stimme nebst sanfter Klavierbegleitung macht dieses Erlebnis nachfühlbar und berührend.
Wie aus einem Guss sind die Songs auf Why, Why und kreieren weiche Texturen, voller Melodie, voller Gefühl. Klar könnte man sagen, sie trügen die natürliche Unberührtheit, in der sie entstanden sind, prägend in sich. Es sind aber vor allem auch die künstlerischen Tiefgänge einer Künstlerin, die ihren flehenden Fragen wehende Melodien und den Zauber der Hoffnung beiseite gestellt hat. Ein Debüt, das Mut macht. In so vielen Hinsichten.
CATT – Why, Why
VÖ: 20. November 2020, ListenRecords
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