Foto-© Sebastian Rieck
Umzingelt von mehreren Klavieren und aufmerksamen, den Atem anhaltenden Zuhörer*innen. So kennt man Liveauftritte von Nils Frahm. Wer das Glück hatte ihn schon einmal zu erleben, weiß, dass seine Präsenz auf der Bühne sich fast ganz in den Schatten des von ihm gespielten Instruments stellt. Genau mit diesem Ideal hat der Pionier im Laufe der letzten 19 Jahre heimlich die klassische Klaviermusik revolutioniert. Dank eines Elternhauses mit anspruchsvollem Musikgeschmack entdeckte er schon mit 15 Jahren seine Leidenschaft für das Klavier. 2005 erschien dann die erste Platte über AtelierMusik, sein jetziges Label Erased Tapes veröffentlichte mit seiner EP Wintermusik erst 2009 das erste Werk.
Wie wir jetzt feststellen können, hätte damals schon sein Debütalbum Graz erscheinen können, was es aber nicht tat. Stattdessen wurde es bis heute unter Verschluss gehalten und erscheint jetzt pünktlich zum Piano Day. Es ist eine Zeitreise in die Kunstuniversität Graz, wo Thomas Geiger die 9 Kompositionen, die Teil einer damaligen Abschlussarbeit waren, aufnahm. Zeigen tut es einen jungen Nils Frahm, dem es damals noch gar nicht so leicht viel die gewünschte Musik aus dem Flügel zu „pressen“. Dabei spricht er von dem Flügel wiederholt als Biest wodurch einem langsam klar wird, warum er sich mit der Veröffentlichung Zeit genommen hat.
Den Beginn macht Lighter und es lässt beinahe auf sich warten. Ohne großartige Spielereien scheint sich Frahm mit dem Lied erstmal auf den Flügel einzustellen. O I End arbeitet mit meditativen Wiederholungen und steigert sich nur nuanciert. Because This Must Be wirkt vertraut und harmonisch. Er spielt die Tasten vorsichtig an, als wolle er den Ton nicht verscheuchen. Etwas fester spielt er hingegen Kurzum und verstreut damit einen Hauch von Jazz auf dem Album. And Om begeistert mit Anklängen an Saties brüchigen Impressionismus während der treibend untermalte Männergesang auf Hammer auf vollkommen anderen musikalischen Ebenen begeistert. Verträumter geht es mit Crossings weiter und letztendlich mit Went Missing auch zu Ende.
Graz ist wahrscheinlich Frahms am stärksten an den Impressionismus angelehntes Album. Sein 2011 erschienenes Album Felt mit den gedämpften, experimentellen Klängen löste damals die Veröffentlichung von Graz ab und wurde hoch gelobt. Die Entscheidung war demnach wohl richtig, aber es ist schön, dass Frahm bereit ist die Graz-Sessions zu befreien damit sie ihren Weg zu ihm und uns finden können.
Nils Frahm – Graz
VÖ: 29. März 2021, Erased Tapes
www.nilsfrahm.com