ROOSEVELT – Interview

Foto-© Joseph Strauch

Marius Laubers drittes Album Polydans erschien vor kurzem und zelebriert die Clubkultur. Wir sprachen mit ihm vor Albumrelease über seine Liebe zur elektronischen Musik, DJ-Gigs vs. Live-Musik und warum er seine eigenen Songs im Club nicht hören kann.

Der Release deines dritten Albums Polydans steht an. Bist du nach wie vor aufgeregt oder schon routiniert?
Ich bin eher entspannt, was die Erwartungshaltung angeht. Ich mache mir da keinen Druck, wie die Platte charten wird und wie die Reviews sind, denn ich weiß, dass ich mir schon eine Fanbase erspielt habe. Diesmal fühlt es sich aber absolut nicht nach Album-Release an, weil sonst immer eine Tour ansteht. Es wird ein komischer Moment, wenn das Album dann draußen ist und man für das nächste halbe Jahr keine Termine hat.

Wie geht’s dir so damit als Musiker in der Pandemie-Zeit?
Ich kann ja trotzdem im Studio sein und Musik machen, was ein absolutes Privileg ist. Ich hatte jetzt auch viel Zeit, umzubauen und zu renovieren. Den Musikern in meiner Band zum Beispiel geht es schlimmer. Ich merke aber auch, dass es wichtig ist, jetzt das Album zu releasen und nicht zu verschieben, weil sich viele Leute danach sehnen.

Dein neues Album wird als Liebesbrief an die Clubkultur beschrieben. Was macht sie für dich aus?
Als ich in Indie-Bands damals gespielt habe, war elektronische bzw. Club-Musik eine ganz andere Welt für mich. Was da mit der Tanzfläche passiert und wie sich Menschen bewegen. Das Feedback, das du als DJ kriegst, ist auch ein ganz anders, als wenn du Schlagzeuger in einer Band bist. Ich fand das alles wahnsinnig interessant. Mit Roosevelt habe ich auch versucht, diesen Spagat hinzukriegen, einerseits nach Band zu klingen mit Live-Drums und Gitarre, aber auch Club-Momente zu schaffen. Dass einfach eine Band auch nach einem DJ klingen kann, diesen Sound wollte ich mit dem Album erschaffen. So eine gewisse Tanzbarbkeit wird es immer bei Roosevelt geben.

Spielst du selbst noch viel DJ-Gigs?
Auflegen ist immer wie ein Bonus. Nach den letzten Album-Touren habe ich eine DJ Tour gemacht, weil es schön war, eine Ehrenrunde zu drehen und um auch näher an den Fans dran zu sein. Man ist bei einem Live-Konzert gestresster und es gibt einfach mehr Distanz zum Publikum. Als DJ ist man oft mitten drin und kriegt mehr mit. Ich habe mich aber selbst nie als DJ bezeichnet.

Ah ok, ich hätte gedacht, es ist andersherum, da Live-Musiker mit Leuten mehr interagieren können, z.B. durch die Crowds gehen etc.
Ja, das ist leider so die Entwicklung, dass manche DJs Rockstars sind und auf Bühnen auftreten, die wie ein Raumschiff aussehen. Alle Augen sind nur noch auf den DJ gerichtet, ohne dass die Leute wirklich Spaß haben. Aber in den Läden, wo ich auflege, ist noch ein Gefühl von Togetherness da. Da ist man Teil des Raumes und sitzt nicht auf einem hohen Podest. Du bist eben nicht die Attraktion als DJ, sondern es geht um die Tanzfläche. Das ist mir sehr wichtig.

Hörst du privat auch mehr elektronische Musik oder ein Mix aus verschiedenen Genres?
Schon eher ein Mix. Ich höre privat eigentlich wenig, was ich auflege, nur als Vorbereitung auf einen Gig. Ich versuche in der Albumproduktion auch wenig zu hören, was ähnlich zu meiner Platte ist. Das kann nämlich oft dazu führen, dass die eigene Musik schnell langweilig klingt. Man hat einfach schnell eine Reizüberflutung. Zum Beispiel konnte ich bei einer Albumaufnahme die neue Tame Impala Platte nicht hören, weil das hätte mich zu sehr abgelenkt.

Wer sind deine musikalischen Inspirationen bzw. gibt es Vorbilder, die dich schon von Anfang an begleiten?
Das ist auch sehr querbeet. Auf der aktuellen Platte war ich sehr inspiriert von der norwegischen Diskoszene z.B. Prins Thomas und Todd Terje. Dieses Dans im Titel ist auch eine direkte Anspielung auf die, das ist norwegisch. Von denen war ich eigentlich von Anfang an beeinflusst, weil sie einerseits sehr disco klingen, aber andererseits wieder komplett anders.

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Zu welchem deiner Songs würdest du selbst am meisten tanzen?
Wenn einer meiner Songs im Club läuft, muss ich eigentlich immer raus, eine Zigarette rauchen, weil ich das nicht ganz aushalten kann. Ich bin da ganz extrem glaub ich. Ich wäre dann zu sehr darauf fokussiert, wie die Leute auf den Song reagieren. Aber Sign hat für mich einen besonderen Stellenwert auf der Platte, weil der Kontrast so groß ist von der Klavier-Demo zur fertigen Produktion. Es war länger nicht klar, was mit dem Song passiert und ob er es aufs Album schafft. Auf das Endergebnis bin ich stolz.

Ach echt? Ich finde, der Song ist schon sehr Roosevelt.
Ja, ich sehe natürlich auch nicht diese 4 Minuten Endprodukt, sondern die Produktion mit vielen Zwischenschritten. Klar, am Ende ist es dann vielleicht typisch Roosevelt geworden, aber es war nicht klar, dass ich das auch packe.

Was mir bei deiner Musik und speziell bei den Texten auffällt, ist, dass es immer so ein Mix aus Fröhlichkeit und Melancholie ist. Erzählst du da viel aus deinem eigenen Leben oder ist das eher ein allgemeines Storytelling?
Autobiographisch ist ja irgendwie alles, entweder aus dem eigenen Leben oder aus dem Umfeld. Ich schreibe aber eher abstrakte Texte, weil ich es mag, wenn der Text sich nicht zu sehr in den Vordergrund drängt. The xx ist ein gutes Beispiel dafür. Sie erzählen zwar eine Geschichte, aber lassen eigentlich noch offen, welche Situation genau gemeint ist. Und das versuche ich auch.

Schließt du dann nach dem Release eines Albums immer direkt mit allem ab und blickst nicht mehr auf vergangene Werke zurück?
Ja, ich versuche schon damit abzuschließen. Aber jede Platte hat ja auch seinen Stellenwert, der die eigene Weiterentwicklung bestimmt. Ich werde auch oft gefragt, warum ich überhaupt noch Alben mache, da das in der elektronischen Szene nicht mehr notwendig ist. Es hat auch viel damit zu tun, einfach fertig zu werden. Du hast dann ein Paket an Songs, das du Leuten präsentieren kannst. Und dieses Gefühl hast du natürlich nicht, wenn du nur Single für Single produzierst. Diese Selbstreflexion fehlt mir da einfach.

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