Foto-© Max Zerrahn
Am 1. Januar diesen Jahres fiel uns ja allen ein gewaltiger Klotz vom Herzen – das Unheilsjahr 2020 war vorbei und die Hoffnung auf Besserung auf allen Leveln groß. Vier Monate später sind wir leider immer noch nicht viel weiter – doch zumindest mündet die an Neujahr veröffentlichte neue Single von Ja, Panik heute endlich in die Veröffentlichung des neuen Albums Die Gruppe der Band! Und das Album ist eine Wucht – was man schon allein am Begleittext erfährt, der sagt: „Dieses Album handelt sogar davon, dass die Musik (und die gesamte Kunst, meinetwegen) nur wirklich ganz selten aus einer simplen, punkt- oder organförmigen Verortung herausblubbert. Sondern aus dem Wechsel zwischen den Welten, dem Übergang von einem erkenntnispraktischen Aggregatszustand zum anderen. Dem Glitsch zwischen den gegeneinanderkantenden Dimensionen, der ab und zu Geräusche macht, und die klingen dann so…“ Oha! Da ist es nicht zu weit hergeholt, dass wir einen erklärenden Begleittext benötigen, eine Art Reclam-Heft oder ein Lösungsbuch…und das liefern wir heute in Form unseres Track by Tracks, das uns Andreas Spechtl, Sänger, Gitarrist und Songwriter von der Band, geschrieben hat!
1. Enter.Exit
Wie so oft brauche ich für die ersten Stücke eines Albums bis ganz zum Schluss. Eine Art programmatisches Intro, ein Stück über das Schreiben selbst. Über die Sprache und darüber sie zu verlieren und wiederzufinden. Es gab ganz viel Versionen in ganzer Bandbesetzung, am Ende ist es die minimalste von allen geworden. Stimme, Gitarre, Saxophon und ein Drone.
2. Gift
Streng genommen waren das mal drei Stücke. Bis wir ein Synthesizer-Pattern gefunden haben, das sich fast magisch über alle drei Songs gelegt hat. Viellicht vom Arrangement am ehesten ein Stück, das auch auf einer früheren Ja, Panik Platte hätte sein können. Und auch der Schlaf hat noch einmal Platz in einem Lied bekommen.
3. Memory Machine
Ein Lied über das Vergessen. Über das Sich-Zurückziehen. Über die Zeit selbst vielleicht.
Ein Lied, das sich fragt, was die Dinge so machen, wenn wir nicht mehr da sind.
Das älteste Stück auf der Platte und für mich auch soundmäßig fast ein Blaupause. Hier trafen sich schon ganz früh die wichtigsten Elemente der Platte.
4. What if
Sag mir, sag mir was, was wäre wenn?
5. On Livestream
Beim Zoomen kann man sich nicht in die Augen sehen – es gibt nur Kamera ODER Bild.
Ein Lied über die Distanz der Nähe. Den Moment, wenn dein Wohnzimmer zum schwarzen Loch wird, in dem time und space sich auflösen und eins werden in diesem Universum aus 1 und 0.
Als uns die 2. Stimmen für den Refrain eingefallen sind, erinnere ich als einen der schönsten Momente beim Aufnehmen der Platte.
6. 1998
Wie so viele Stücke auf dieser Platte, ein Stück das zurückschaut, um etwas über die Gegenwart zu erfahren. Der Versuch, ein Lied über das Überthema World Wide Web zu machen.
In Ermangelung der richtigen Wörter und Bilder dafür, ein Rückblick auf eine Zeit, als es noch keine Worte dafür gab. Das erste Mal Internet als coming of age Drama.
Besondere Aufmerksamkeit wünsche ich mir für das Gitarrensolo. Es gibt nur eine Handvoll davon überhaupt in Ja, Panik Songs. Für diese hab ich besonders lang gebraucht. Wochen um ehrlich zu sein.
7. The Cure
Ein Lied aus dem Orbit DMD KIU LIDT. Krankheit als System. Das System der Krankheit.
Aber am Ende wartet er, wie immer, der alles wegwischende und alle Welt tröstende Gruppenchor und sagt: es ist alles so schlimm wie du befürchtest hat, aber nur allein, das bist du nicht.
So schnell der zweite Teil des Liedes fertig war, solange hat Teil eins gebraucht. Die endgültige Version hab ich erst an Weihnachten 2020 in einem einzigen Take aufgenommen.
8. Die Gruppe
Ein Stück als Hommage an die Gruppen, die wir alle sind. Der Refrain war plötzlich da, als Text und Melodie eines Morgens in meinem Kopf. Die Strophe hat dafür eine halbe Ewigkeit gebraucht. An dem Text wurde bis zum Einsingen noch herumgestrichen und Wörter getauscht.
Man beachte bitte auch das stoische Schlagzeug. Wie so oft, die Dinge die einfach und simple klingen, waren in ihrer Herstellung äußerst kompliziert. Ewig wurde geschraubt an dem Versuch, das Schlagzeug gleichzeitig nach Punk und Soul klingen zu lassen.
9. The Zing Of Silence
Das einzige Stück, das es quasi in seiner Demoaufnahme auf die Platte geschafft hat. Kein zweites Mal wurde die Intimität des ersten Takes erreicht.
Ein weiteres Mal Desillusion und Trost als ungleiches Geschwisterpaar.
10. Backup
Ein Lied über das Einsteigen in die Rakete, in der ich noch immer sitze. Eigentlich ein ganz alter Text, den ich schon seit Jahren von einem Notizbuch ins andere übertrage und den ich nie fertigstellen konnte. Ein Song auch darüber zu Besuch zu sein bei den eigenen Dämonen. Und über ihre überraschende Gastfreundschaft.
11. Apocalypse Or Revolution
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