Foto-© Robyn O’Neil
Forth street and November
Take off your shoes when you come in
I’ll do my best to remember
“Falling fences” is the password
That lets me in to your room
Where you hide your ghosts
(Damien Jurado – Hiding Ghosts)
Auch im zweiten Jahr der Pandemie ändert sich wenig und man kann natürlich mit einem neuen Album von Damien Jurado rechnen. Der allzeit schreibende US-Amerikaner wartet mit seinem mittlerweile 17. Studioalbum The Monster Who Hated Pennsylavania auf. Einst beim legendären Grunge Label Sub Pop, debütiert er damit nun auf seinem eigenen Label Maraqopa Records.
Nur wenige Jahre nachdem Damien Jurado in Richard Swift den perfekten Komplizen für seine Dauerproduktivität gefunden hatte, verstarb dieser 2018. An Swift weiterhin Tribut zollend, vermischt er nun dessen und seine eigenen musikalischen Gedanken und beschäftigt sich diesmal mit der Lebenskunst, sich trotz miserabler Umstände nicht aufzugeben. Verpackt wird dies in Geschichten über Tom, über Helena oder Johnny Caravella. Wer Jurado kennt, merkt schon beim Blick auf die Trackliste, dass sich kaum etwas verändert hat. Ja auch 2021 sind seine Songtitel gerne Namen. Angenommen Jurado kennt all seine Protagonist*innen, würde das für einen ziemlich weitreichenden Bekanntenkreis sprechen. Aber auch vermeintlich Unbekannte, wie Male Customer #1 lässt er als tragische Personen in seinen Geschichten auftauchen: „The loneliest place I’ve ever been is in your arms“ heißt es da zunächst wenig resilient. Doch die Antwort folgt in Form einer dann doch selbstbewussten Frage: „Don’t you know it’s time that we let go?“
Der Ton bleibt in der Regel ruhig und nachdenklich, erinnert an Lou Reed, während sich seine angenehme Geschichtenstimme so besonders gut entfaltet. Ähnlich verhält es sich musikalisch. Da passiert sehr wenig – und vor allem wenig Unvorhersehbares. So war das bei Jurado eben schon immer und manch einer wird sich darüber freuen. Etwas langweilig wird es auf Dauer aber trotzdem.
Nur auf Johnny Caravella bricht er plötzlich wütend und hoffnungsvoll aus. Während sich im Hintergrund ein Gewitter aus E-Gitarren und Schlagzeug zusammenbraut, schreit Jurado heraus: „And yes I can say that I quit my whole life. Erasing my name at the top of the page. Moving my pen when the audience got too acquainted. I was tired, I was weak, and my jaw nearly broke. As I exited north, the radio spoke. All is not lost even if you’re without a direction. Go west, go west, 1972. The sun hasn’t set, the stars they are few. Just stick around till the light pushes into the darkness.” Es sind diese Momente, in denen die Magie von Jurado liegt. Ebenso wie in der andächtigen Ruhe von Hiding Ghosts oder der schönen Folk-Melodie von Jennifer. Also grade diese Momente, in denen er noch etwas mehr als gewöhnlich wegnimmt oder unerwartet viel hinzugibt.
Wer Jurado genau so mag, wie man ihn bis dato kennt, der wird auch hier auf seine Kosten kommen. Entdecken kann man dabei jedoch kaum Neues. Sicherlich ist das auch nicht der Selbstanspruch eines Songwriters, der so fleißig produziert und immer schon ein nächstes Album liegen hat. Sein Handwerk beherrscht Jurado gut. Doch vielleicht suchen die pandemiemüden Seelen grade keine Beständigkeit, sondern Neubeginn. Dafür ist The Monster Who Hated Pennsylvania sicherlich kein Soundtrack und dennoch: auch im nächsten Jahr freuen wir uns sicherlich auf Jurados kleine großen Geschichten.
Damien Jurado – The Monster Who Hated Pennsylvania
VÖ: 14. Mai 2021, Maraqopa/Redeye
www.damienjurado.com
www.facebook.com/jurado.damien