Foto-© Aleksandra Zaborowska
Als Hania Rani vor zwei Jahre ihr Debüt veröffentlichte, hieß es im Pressetext noch „no hi-ding behind the ‚collaborations‘ or ‚projects‘ anymore“. Zwei hochgelobte Soloalben später kann von Verstecken nicht mehr die Rede sein, wenn die zwischen Berlin und Warschau pendelnde Komponistin ihre Music for Film and Theatre vorstellt: eine Sammlung von Musik für die besagten Projekte, die naturgemäß auch immer Kollaborationen zwischen Musikerin und Regisseur*in sind.
Über die Hälfte der Kompilation nehmen Stücke aus den Soundtracks zu xAbo: Father Boniecki (Aleksandra Potoczek, 2020) und I Never Cry (Piotr Domalewski), im letzten Jahr Publikumspreisgewinner des FilmFestival Cottbus, ein. Beiden, Dokumentation und Spielfilm, drückt Rani ihre Handschrift auf: äußert sparsame Instrumentierung, fließendes Klavierspiel direkt aus dem Neoklassik-Kosmos und Atmo, Atmo, Atmo.
Nicht immer schafften es die Kompositionen in die fertigen Werke: Für Pradziady vom Dramaturgen und Regisseur Michał Zduni schrieb sie Ghosts, um die Vision einer Verbindung zwischen den Welten der Toten und der Lebenden zu untermalen. Jetzt bahnt das getragene Stück für Streichquartette den Weg für Soleil Pâle, das mit seinem schwebenden Sound an Ranis Soloalben erinnert und damit eine Art Aushängeschild der Kompilation bildet.
Ihre heimlichen Höhepunkte sind jedoch andere: Etwa Nora, das der unerträglichen Leichtigkeit des Sounds einen pastoral anmutenden Schlusspunkt entgegenhält, oder Wildfires (aus Tim Georgesons Dokumentation Truth In Fire), in dem Rani raumgreifende Streicher mühelos mit der Intimität ihres Klavierspiels zusammenbringt. Hier gelingt sie am ehesten, die Übertragung der in Youtube-Clips eingefangenen Magie ihres Spiels – und man ist sich plötzlich sicher, dass jeder Film und jedes Theaterstück davon nur profitieren kann.
Das Versteckspiel hinter Kollaborationen und Projekten ist also dem Mut gewichen, gemeinsam mit ihren Auftragsarbeiten ins Rampenlicht zu treten. Und auch wenn sich dabei der ein oder andere Song flüchtig dem Gedächtnis entzieht: Es wird sicherlich nicht die letzte Zusammenstellung dieser Art gewesen sein, die Hania Rani mit ihren Werken für Film und Theater füllen wird.
Hania Rani – Music for Film and Theatre
VÖ: 18. Juni 2021, Gondwana
www.haniarani.com
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