Schon die Beatles wussten: „All you need is love!“ Drum nahm sich die 1977 in Texas geborene Autorin Mary Miller (Süßer König Jesus, Big World) in ihrem nun auch auf deutsch veröffentlichtem Band Always Happy Hour dem großen Thema an – der Liebe. Um nicht nur eine geschönte Hollywood-Hochglanz-Facette zu zeigen, wählte sie dafür die Form der Erzählungen und präsentiert viele kleine Puzzle-Teile – und geschönt wird dabei gar nichts.
So babysitten hier die Protagonisten mit geladenem Revolver unter dem Bett die Katze des Freundes, der nach Kalifornien verreist ist, sie beobachten die Umgebung in der Wohnung einer Bekanntschaft, die mehr von ihnen will, sie flirten als Dozentin mit ihren Studenten, sie sind für ein unvermitteltbares, aber in ihren Augen besonderes Pflegekind da, begleiten ihren zwielichtigen Freund auf eine makabere Spritztour oder verlieben sich in den Vater von mehreren Kindern und sind die Neue. Und sie machen sich Gedanken, über sich, ihr Aussehen, ihre Beziehung, sind gierig nach romantischen Gefühlen, auch wenn sie Liebe und Gefühle vielleicht altmodisch finden und gefangen sind in Zeiten pornografischer Abgeklärtheit. Sie sind schlau, treffen aber schlechte Entscheidungen, sie trinken zu viel und sie versuchen sich anzupassen, an Männer, die ihnen eigentlich egal sind…
Mary Millers Liebes-Erzählungen sind kurzweilig und reißen bewusst häufig nur die Oberfläche der Charaktere und der Beziehungen an, denn häufig wird einem schnell bewusst – eine große Zukunft haben hier die wenigsten Liebesgeschichten und bei aller Aufgeklärtheit und allen Bestrebungen nach persönlichem Glück, bleibt hier nicht mehr viel für ein fröhliches Happy Ending. Dann doch lieber Happy Hour und hoch die Tassen und die Trauer direkt ertränken. So schrieb schon Volker Weidermann im Spiegel über Always Happy Hour: „Komischer Deprimismus, das ist die Formel dieser Geschichten.“ Und doch sind ihre kargen Geschichten nicht etwa deprimierend, sondern häufig auch erheiternd, stimmen einen an anderen Stellen, an denen man sich vielleicht auch etwas selbst erkennt, nachdenklich und sind als Ganzes ein spannendes Bild auf Beziehungen im Kleinen, in einer Zeit, in der man sich angeblich alle paar Minuten im Internet verlieben kann oder der nächste Flirt auch schon in der nächsten App wartet.
Mary Miller – Always Happy Hour
VÖ: 17. Mai 2021, Hanser Berlin
Gebundene Ausgabe, 192 Seiten
ISBN: 978-3446267879
22,00 €