Foto-© Hannah Collins
Müsste man eine Band in einem einzelnen Ton beschreiben, käme für Portico Quartet wohl nur der weiche Klang der Hang Drum in Frage. So eng scheinen die vier Londoner mit dem Instrument verbunden zu sein, das sie erstmals auf ihrem Mercury Preis-nominierten Debüt vor fast fünfzehn Jahren (Knee-Deep In The North Sea, 2007) hören ließen. Umso radikaler, als nach dem Weggang von Bandgründer Nick Mulvey zwischenzeitlich erst das Hang und dann auch noch der Namenszusatz „Quartet“ wegfielen (Living Fields, 2015). Doch der Signature Sound ist nicht nur längst zurück, sondern auch mit den elektronischen Elementen verschmolzen – und Portico Quartet mehr als ein sanfter Schlag auf dem Hang.
Für Terrain, ihr mittlerweile sechstes Studioalbum, wagt die Gruppe um Saxophonist Jack Wyllie und Drummer Duncan Bellamy abermals einen kleinen Neuanfang: Eingeteilt in drei Movements und gut hör- wie überall lesbar von amerikanischen Minimalisten bis zur japanischen Komponistin Midori Takada inspiriert, rückt die Band den Loop ins Zentrum ihres Schaffens. Der erste Teil des Albums entfaltet sich ganz um ein Vier-Noten-Pattern auf der – natürlich – Hang Drum (Keir Vine). Doch Portico wären eben nicht Portico, wenn sie die stoischen Wiederholungen nicht mit einem flüchtigen Saxophon und wispernden Becken aus ihrer Strenge befreien würden: Minimalismus, ohne je steril zu klingen, Wärme, ohne in Klangteppichen zu ersticken.
Da rückt alles auf dem zweiten Track noch näher zusammen: das Klavier übernimmt den Part der Hang Drum, die Drums machen Druck und Streicher vermitteln eine Ahnung von Kammermusik – oder besser engem Jazzclub? Aber wer erwartet, Bellamy und Wyllie würden wie ihre britischen Kollegen von GoGo Penguin gleich hervorpreschen, muss sich umso ausdauernd daran erinnern lassen, dass Terrain auf ständige Wiederholungen baut. Da können wohlkonditionierte Jazzfans noch so sehr sabbern – die Belohnung für das Aushalten des reizenden, aber etwas dünn geratenen Klavierpatterns fällt aus.
Doch am Ende glückt, ausgerechnet mit den verwickeltsten Mustern, die nachträgliche Krönung: Für den Schlusssatz kehren Hang und Percussion zurück, um über einer sanft pulsierenden Bassdrum und orgelartigen Schweben im Solowirbel zu münden. Wenn er auch abrupter endet als erwartet: Für ihre Verhältnisse nehmen sich Portico Quartet auf Terrain viel Zeit, ohne dabei an poppiger Zugänglichkeit zu verlieren. Verlässlich platzieren sich Bellamy und Co. zwischen allen Stühlen: Hier wird Jazz angetäuscht, um mit der schlichten Eleganz der Wiederholung vorbeizuziehen – in Richtung neuer, ungehörter Gefilde.
Portico Quartet – Terrain
VÖ: 28. Mai 2021, Gondwana
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