Foto-© Joseph Strauch
Die Leoniden sind vor allem für ihre zahlreichen, legendären Live-Auftritte bekannt – dass diese im letzten Jahr quasi unmöglich waren, hat wahrscheinlich kaum einem/einer Künstler:in so zugesetzt, wie den fünf Jungs aus Kiel. Aber auch, wenn sich die guten Seiten der Pandemie absolut in Grenzen halten, hätte dem dritten Album der Leoniden wohl nichts Besseres passieren können! Denn der Lockdown hat der Band etwas gebracht von dem sie sonst zwischen etlichen Festival- und Konzertterminen, nur sehr wenig haben – Zeit. Und das hört man Complex Happenings Reduced To A Simple Design auch an, nicht nur weil das Album mit 21 Songs das mit Abstand Längste der Band ist, sondern auch, weil die Band sich auf der Platte mehr ausprobiert hat, als je zuvor.
Doch trotz einiger neuer Elemente bleiben Jakob Amr (Gesang), die Brüder Lennart (Gitarre) und Felix Eicke (Schlagzeug), JP Neumann (Bass) und Djamin Izadi (Keyboard) sich und ihrer Musik treu, der eigene Stil der Band, den sie schon auf den Vorgänger Alben spezialisiert haben, findet auch hier seinen Platz und lässt ab der ersten Sekunde nicht daran zweifeln, dass es sich hier um ein Leoniden Album handelt. Vor allem Fans der Live Show werden hierin vielleicht ihre neue Lieblingsplatte finden, denn die Band hat es erstmals geschafft, das, was sie auf der Bühne zeigen, auch in ihre Studio-Versionen zu stecken. Besonders die Stücke Complex Happenings I-III erinnern sehr an die kleinen Loops und Interludes, die auch bei ihrer Show niemals fehlen dürfen.
Aber die Band wird dieses Mal auch politischer und persönlicher als je zuvor, so thematisiert Sänger Jakob im Track Blue Hour eine Phase, in der es ihm sehr schlecht ging und packt dieses umfangreiche und ernste Thema in einen Song voller Wärme und Zuversicht. Auch in der zuletzt veröffentlichten Single New 68 werden die Leoniden konkret: sie fordern politischen Wandel und appellieren daran, trotz der sich immer weiter zuspitzenden negativen Nachrichtenlage die Hoffnung nicht zu verlieren und nicht kampflos aufzugeben.
Ein weiteres Novum auf dem am 20.08.2021 erscheinenden Album, ist, dass die Band sich erstmals Unterstützung von anderen Musiker:innen geholt hat. Angefangen mit der bereits veröffentlichten Single Freaks, auf der sie den Frontsänger Erik Heise von der Band Pabst ans Mikrofon gebeten haben, über den Track Deny, mit einem längst überfälligen Featuringpart von Slacker-Queen Ilgen-Nur, bis hin zum anfänglich an die niederländische Band EUT erinnernden Hit Boring Ideas, für den Drangsal seine Stimme leihen durfte.
Während die Platte genau wie ihre Vorgänger auch, über Two Peace Signs, das eigene Label der Band veröffentlicht wird, haben sie sich mit Markus Ganter dieses Mal einen neuen Produzenten ins Boot geholt. Nachdem Ganter schon mit deutschen Größen wie Casper, AnnenMayKantereit und Tocotronic gearbeitet hat, war es nur logisch, dass auch die Leoniden irgendwann an der Reihe sein würden und sich mit Markus neuen Schwung in ihren Sound holen. Dass diese Rechnung aufgegangen ist, hört man bereits in den bisher veröffentlichen Single-Auskopplungen, es verdeutlicht sich aber noch mal mehr beim Hören aller 21 Songs.
Nachdem ich, um ehrlich zu sein bei den ersten Singles L.O.V.E. und Funeral eher skeptisch war, was das dritte Album für die Hörer:innen bereit hält, wurde ich am Ende mehr als positiv überrascht, denn spätestens seit der Veröffentlichung von Freaks hatten die Leoniden mich wieder auf ihrer Seite. Das Album verspricht großartige Konzerte und lässt die Fans schon beim Hören wissen, was man von der Band live erwarten kann, denn so nah an ihrem Konzert Feeling waren die fünf Kieler bisher mit noch keinem ihrer Alben.
Leoniden – Complex Happenings Reduced to a Simple Design
VÖ: 20. August 2021, Irrsinn
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