NEWMEN – Futur II

Schmecken die Drinks besser, je mehr man bereits intus hat – oder nähert sich hier eine Band der perfekten Rezeptur? Wen dieser Äpfel-Birnen-Vergleich abschreckt, kann beruhigt weiterlesen oder besser direkt in Futur II, das dritte Studioalbum von Newmen reinhören. Denn dort schafft das 2012 in Frankfurt gegründete Quintett das Kunststück, nach Tempo zu klingen und gleichzeitig zu entschleunigen. Kraut-Pop nennt die Band ihre Mischung, die erst zuckersüß und zäh wie der Sirup in den Sommer-Cocktail fließt und am Ende doch erfrischend ohne Pose auskommt. Da schwirren Synthesizer-Arpeggios umher und werden Songs mit perlenden Gitarren garniert, während sich Bass und Schlagzeug in bester Neu!-Tradition unbeirrt im Loop drehen: Newmen rollen sich selbst den roten Teppich aus und schlendern währenddessen schon tiefenentspannt drüber.

Anstatt daraufhin lautstark an die Theke zu drängen, schieben sie lieber lässig schamlos pumpende Grooves unter das Gewirr flötender Schaltkreise. Ob im schimmernden Caravan oder gemeinsam mit Ketty van Doln auf Seven Suns bleibt dabei genug Zeit, um den unverkrampft ins Feld geführten Vorbildern hinterherzuträumen: Fordissimo lässt an Kraftwerk-Lyrics à la „Vor uns liegt ein weites Tal / Die Sonne scheint mit Glitzerstrahl“ denken, doch dieser schnurrende Kraut-Motor fühlt sich auf der Tanzfläche wohler als am Fließband. Wer spitzfindig sein muss, hängt dem siebenminütige Instrumental, das an den Future-Jazz von L’Eclair oder Mildlife erinnert, also noch ein „Post-“ vorne dran. Denn auch wenn Ex-Kraftwerk-Arbeiter Wolfgang Flür der Band mit seinem Monolog auf Futur I die höchsten Weihen mitgibt: diese Roboter sind Human After All. Gerade deshalb hätten sie in der zweiten Albumhälfte die geraden Bahnen ruhig länger als für die zwei Minuten von Cell verlassen dürfen, bevor die MitfahrerInnen im Rücksitz einnicken und wohlig in ihre Masken sabbern.

Also besser verantwortungsbewusst genießen und rechtzeitig den Heimweg antreten – aber dafür droht am nächsten Morgen auch kein Kater. Mit Futur II haben Newmen ein spielfreudiges (Under-)Statement für einen gelockerten Sommer gesetzt: Wir werden geträumt haben.

Newmen – Futur II
VÖ: 6. August 2021, Ferryhouse Productions
www.newmenband.com
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