Schmecken die Drinks besser, je mehr man bereits intus hat – oder nähert sich hier eine Band der perfekten Rezeptur? Wen dieser Äpfel-Birnen-Vergleich abschreckt, kann beruhigt weiterlesen oder besser direkt in Futur II, das dritte Studioalbum von Newmen reinhören. Denn dort schafft das 2012 in Frankfurt gegründete Quintett das Kunststück, nach Tempo zu klingen und gleichzeitig zu entschleunigen. Kraut-Pop nennt die Band ihre Mischung, die erst zuckersüß und zäh wie der Sirup in den Sommer-Cocktail fließt und am Ende doch erfrischend ohne Pose auskommt. Da schwirren Synthesizer-Arpeggios umher und werden Songs mit perlenden Gitarren garniert, während sich Bass und Schlagzeug in bester Neu!-Tradition unbeirrt im Loop drehen: Newmen rollen sich selbst den roten Teppich aus und schlendern währenddessen schon tiefenentspannt drüber. Für uns hat die Band ein Track by Track zum heute erschienenen neuen Album geschrieben! Hier gibt es unsere Review zum Album!
1. No Tricks Withe The Ocean
Schon während der Produktion hat sich abgezeichnet, dass dies der Opener wird. Langes Intro, ein rhythmischer Sog, der metaphorisch für das gnadenlose Fortschreiten der Zeit stehen kann, ohne dabei so schwer und depressiv zu werden. Eher so als fröhliche Dramatik. Und vielleicht als absolutes Gegenteil vom Zynismus des Vergänglichen.
2. Caravan
Die Musik zu diesem Stück enstand bei der ersten kleinen Session, die wir zum neuen Album gemacht haben. Viel später, nachdem Joerg seit langer Zeit mal wieder Lawrence von Arabien gesehen hat, fand der Song zu seiner endgültigen Form.
3. Seven Suns
Der Track ist zunächst als Collage unterschiedlicher Ideen entstanden. Roxy Music Vibe, der extrem dichte B-Teil einer MS10-Delay-Sequenz…zugegeben haben wir uns bei der Produktion lange schwer getan. Erst in der Zusammenarbeit mit Ketty hat sich dann der Kontext eingestellt, den wir vorher immer nur geahnt hatten: Wunderschöne zeitlose Transzendenz, ein absolutes Schweben, dass dann von den Naturgewalten beerdigt zu werden scheint. Wenn die Apocalypse schön wäre, dann klänge sie so.
4. Fordissimo
Eine instrumentale Ode an das Unperfekte der Perfektion. Wie jede Maschine verschleißt, trifft das auch auf Gesellschaft zu. Es gibt Reibung, es gibt Widerstände, es gibt Reparaturen. Und doch erinnert man sich an die Schönheit ihrer Produkte, wenn man angesichts eines Fetischs des immer Effizienteren kapitulieren will. Mit der belgischen Cosmic-Band Cos gesprochen: Mein Maschine ist schön.
5. Futur I
Dieses Stück hat einige Zeit nur als Instrumentalversion existiert. Versuche den Song mit den eigenen Stimmen anzureichern scheiterten. Irgendwann zu Beginn der Pandemie war Joerg dann mit seiner Freundin auf einem Waldspaziergang. Da kam ihm die Idee, ob nicht vielleicht Wolfgang Flür der richtige wäre. Noch aus dem Wald heraus hat er ihm das Stück von seinem Handy aus geschickt und eins führte zum anderen.
6. Futur II
Das Gerüst von diesem Stück haben wir entgegen unserer üblichen Arbeitsweise in einer reduzierten Live-Aufnahmesituation eingespielt. Später dann, haben wir wirklich jede Rassel und Trommel (oder das was als solche dienen kann) die wir Studio finden konnten, aufgenommen und damit den den instrumentalen Fächer aufgespannt. Willkommen im Dschungel.
7. Rational Landscapes
Eine Skizze aus Martins Feder, die seit 2015 in den Tiefen der Festplattenordner schlummerte. Grab entweiht, als Bandversion reinkarniert, mit Bowieesquen Feedbackgitarren getauft und als siebtes Stück des Albums auf Mission geschickt. Bon voyage!
8. Cell
Eine ziemlich coole Evolution, wie wir finden. Welche Lebensform auch immer dabei rauskommt..
9. A Bigger Slash
Das wäre der Soundtrack, wenn die Zivilisation endet und wir alle wieder auf den Bäumen hocken. Die Natur ist zwar hier und da erbarmungslos, aber habt ihr mal den Groove gehört? Dafür würde man doch sofort in irgendwelchen Neubaugebieten mit Guerilla Gardening anfangen, auf dass man sich mit Lianen zwischen überwachsenen Ruinen hin und her schwingen kann.